In dieser Beitragsreihe stellen wir dir die geläufigsten Rechtsgebiete vor und geben dir einen Überblick darüber, welche Karrieremöglichkeiten die einzelnen Felder bieten und welche Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt werden. In diesem Beitrag geht es um Migrationsrecht.

Allgemeines zum Migrationsrecht

Das Migrationsrecht umfasst sämtliche Regelungen, die sich im Kern mit der Einreise und dem Aufenthalt von solchen Menschen befassen, die nicht die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates besitzen. Insoweit geht es also um Bestimmungen über das Reisen, die Niederlassung, die Erwerbstätigkeit, die Integration, die soziale Sicherung sowie um die einschlägigen steuerrechtlichen Fragen. Es handelt sich hierbei also um eine Querschnittsmaterie aus Verwaltungsrecht, Sozialrecht und Steuerrecht.

Das Migrationsrecht war zuvor als Ausländerrecht beziehungsweise gar als Fremdenrecht bekannt. Aufgrund der negativen Konnotation wird nunmehr hauptsächlich vom Migrationsrecht gesprochen, alternativ auch vom Aufenthaltsrecht. In den Fällen, bei denen es um ein Anerkennungsverfahren von Asylbewerber:innen geht, wird indes von Asylrecht – zum Teil aber auch noch vom Flüchtlingsrecht – gesprochen. Die Bezeichnung Migrationsrecht bleibt aber auch insoweit Oberbegriff.

Das Migrationsrecht beziehungsweise das Asylrecht wird immer dann relevant, wenn Menschen aus religiösen, politischen, rassischen, kulturellen oder anderen Gründen (etwa der sexuellen Orientierung) ihre Heimat verlassen müssen, da sie dort verfolgt, ge- oder verjagt werden, und deshalb eine Zuflucht an einem sicheren Aufenthaltsort suchen. Asylrecht greift mithin immer bei einem im Grunde unfreiwilligen Wohnortswechsel. Von Migration wird demgegenüber dann gesprochen, wenn dieser Wohnortswechsel freiwillig erfolgt. Insoweit wird zwischen vier Arten von Migration unterschieden: Familiennachzug, Arbeitsmigration beziehungsweise Bildungsmigration, Fluchtmigration und irreguläre beziehungsweise illegale Migration. In diesem Zusammenhang spielen auch die fünf verschiedenen möglichen Aufenthaltstitel eine wesentliche Rolle: Aufenthaltserlaubnis (befristet; etwa für Selbstständige), Blaue Karte EU (befristet bis zu vier Jahren; insbesondere für Fachkräfte, also Akademiker:innen), Erlaubnis zum Daueraufenthalt (unbefristet; insbesondere für Ausländer:innen aus Drittstaaten, die einen fünfjährigen rechtmäßigen Aufenthalt vorweisen können), Niederlassungserlaubnis (unbefristet; insbesondere für beruflich hochqualifizierte Personen, die einen längeren Aufenthalt anstreben) und Visum (befristet; für sämtliche Staatsangehörige von Nicht-EU-Staaten). Dennoch geht es beim Migrationsrecht nicht nur etwa um die Einreise und den Aufenthalt, sondern beispielsweise auch um die Familienzusammenführung, die Einbürgerung sowie gegebenenfalls auch um die Ausweisung und letztendliche Abschiebung.

Das Migrationsrecht spielt aber nicht nur auf der nationalen Ebene eine wesentliche Rolle, sondern auch auf der europäischen Ebene, vor allem in Bezug auf Europäisches Asylrecht. Insoweit bestehen in der Europäischen Union [EU] fünf Rechtsinstrumente in Form von Richtlinien und Verordnungen (Aufnahmerichtlinie, Anerkennungsrichtlinie, Asylverfahrensrichtlinie, Dublin-III-Verordnung und Eurodac-Verordnung).

Die nationalen gesetzlichen Grundlagen des Migrationsrechts finden sich indes insbesondere im Aufenthaltsgesetz [AufenthG; ehemalig: Ausländergesetz] und der dazugehörigen Aufenthaltsverordnung [AufenthV], im Asylgesetz [AsylG], im Zuwanderungsgesetz sowie im Staatsangehörigkeitsgesetz [StAG] mit Blick auf die sozialrechtlichen Komponenten aber vor allem auch im Achten Sozialgesetzbuch [SGB VIII] und im Asylbewerberleistungsgesetz.

Welche Karrieremöglichkeiten habe ich im Migrationsrecht?

Die Einsatzgebiete für Jurist:innen mit guten Kenntnissen im Migrationsrecht sind zwar vergleichsweise begrenzt, solche Jurist:innen sind jedoch zunehmend begehrt. So besteht zunächst die Möglichkeit einer Karriere als Verwaltungsrichter:in in einer auf Migrationsrecht beziehungsweise Asylrecht spezialisierten Kammer am Verwaltungsgericht. Entsprechendes gilt für eine Tätigkeit in einer Behörde. Daneben kann sich ein:e migrationsrechtlich versierte:r Jurist:in auch als (Einzel-)Anwält:in selbstständig machen oder eine Anstellung in einer Boutique oder mittelständischen Kanzlei finden. Zum Teil gibt es mittlerweile sogar auf das Migrationsrecht spezialisierte Kanzleien. Anwaltliche Karrieremöglichkeiten bestehen hier bundesweit; eine Hochburg besteht hierfür grundsätzlich nicht.

Welche besonderen Kenntnisse sollte ich mitbringen?

Das Migrationsrecht spielt in der universitären Ausbildung in aller Regel kaum keine Rolle, da es sich allenfalls auf ein paar Normen zwecks Überprüfung des rechtlichen Verständnisses um Pflichtstoff handelt. Ähnlich verhält es sich beim juristischen Vorbereitungsdienst, zumindest wenn Verwaltungsstation, Anwaltsstation und Wahlstation nicht bei einer entsprechenden Behörde beziehungsweise Kanzlei absolviert wurden. Deshalb ist es notwendig, sich die entsprechenden Kenntnisse im Migrationsrecht selbst anzueignen, etwa durch einen entsprechenden Schwerpunkt an der Universität oder entsprechenden (freiwilligen) Lehrgängen während des juristischen Vorbereitungsdienstes.

Darüber hinaus sind vertiefte Kenntnisse des allgemeinen Verwaltungsrechts notwendig, da es sich beim Migrationsrecht inklusive des Asylrechts um einen Teil des besonderen Verwaltungsrechts handelt.

Daneben sind Sprachkenntnisse in den bei Migrationsangelegenheiten typischen Fremdsprachen stets von Vorteil, also beispielsweise in der arabischen Sprache.

Promotion und / oder ein an der Universität Speyer zu erwerbender Magister der Verwaltungswissenschaften (Mag. rer. publ.) sind schließlich auch im Migrationsrecht sehr gerne gesehen.

Kann ich im Rechtsgebiet Migrationsrecht Fachanwalt werden?

§ 14p der Fachanwaltsordnung [FAO] nennt die Voraussetzungen für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwältin bzw. -anwalt für Migrationsrecht“. Danach werden zunächst besondere Kenntnisse im Staatsangehörigkeitsrecht verlangt, und zwar insbesondere hinsichtlich Statusfeststellungen einschließlich Staatenlosigkeit, Einbürgerung, Verlusttatbestände und Vertriebenenverfahren. Ferner bedarf es tiefgreifendere Kenntnisse zum nationalen Aufenthaltsrecht, vor allem allgemeine Grundlagen zum Erwerb, der Verlängerung und der Verfestigung von Aufenthaltstiteln, zum Visumsverfahren zu kurz- und langfristigen Aufenthaltszwecken, zu Aufenthaltstitel und ihre unterschiedlichen Voraussetzungen, zum Erlöschen des Aufenthaltsrechts (insbesondere durch Ausweisung), zur Durchsetzung der Ausreisepflicht (insbesondere zur Duldung, Abschiebung und Abschiebungshaft), zur Haftung und Gebühren sowie zu den einschlägigen Besonderheiten des Datenschutzes. Dazu kommen entsprechende Kenntnisse zum Unionsrecht, insbesondere zu den Aufenthaltsrechten von Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen und zu sonstigen unionsrechtlichen oder völkerrechtlichen Migrationsregelungen. Darüber hinaus werden besondere Kenntnisse im Asylrecht verlangt, insbesondere zum Asylverfahren (einschließlich internationaler und nationaler Verteilungsregelungen sowie Entscheidungsarten), zum nationalen und internationalen (Flüchtlings)Schutz, zum Widerruf und Erlöschen sowie zum Rechtsschutz und zu Folgeverfahren. Schließlich bedarf es besonderer Kenntnisse zu den migrationsrechtlichen Bezügen zum Sozialrecht (insbesondere bezüglich vom Aufenthaltsstatus abhängige Leistungsansprüche und Leistungsausschlüsse) und zum Strafrecht sowie zu den rechtlichen Besonderheiten der Auswanderung. Letztlich sind auch Kenntnisse über die einschlägigen Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung erforderlich.