Pia Bollig steht an der Spitze eines der größten Kanzleinetzwerke Europas: Sie ist seit Oktober 2024 Vorständin der DIRO AG. Zuvor war sie bereits als Partnership- und Produktmanagerin sowie als Syndikusanwältin für das Unternehmen tätig. Ihr Weg an die Spitze war ebenso zielstrebig wie bemerkenswert – und ihre Pläne für die Zukunft des Netzwerks sind es nicht minder.
Im Interview mit unserem Redaktionsleiter, Rechtsassessor Sebastian M. Klingenberg, spricht Pia Bollig über die Rolle der DIRO im europäischen Rechtsmarkt, über Digitalisierung als Motor juristischer Innovation – und darüber, wie gerade junge Juristinnen und Juristen von der Mitgliedschaft in einem internationalen Netzwerk profitieren können. Dabei zeigt sie, warum moderne Kanzleiführung mehr bedeutet als bloße Verwaltung und wie aus einem Zusammenschluss von Kanzleien eine dynamische Gemeinschaft mit strategischer Schlagkraft wird.
Ein Gespräch über Wandel, Weitblick und die Stärke eines Netzwerks, das mehr sein will als die Summe seiner Teile.
Kurzvorstellung von Pia Bollig
Pia Bollig ist seit 2023 Teil der DIRO AG und gehört seit 2024 dem Vorstand an. Durch ihre vielfältige Erfahrung in einer mittelständischen Kanzlei, ihre juristische Lehrtätigkeit und ihr Engagement in Legal-Tech-Startups kennt sie den Rechtsmarkt aus unterschiedlichen Perspektiven und schätzt Entwicklungen treffend ein.
Bei der DIRO liegt ihr vor allem der Austausch und die Vernetzung innerhalb des Netzwerks am Herzen. Durch gezielte Initiativen und offenen Dialog stärkt sie die Zusammenarbeit und fördert Chancengleichheit in der Anwaltschaft.
Kurzvorstellung der DIRO AG
Die DIRO AG ist ein unabhängiges Kanzleinetzwerk mit etwa 200 Kanzleien in über 30 Ländern. Die DIRO versteht sich als strategischer Partner für Anwaltskanzleien, der durch langjährige Erfahrung in Themen wie Kanzleimanagement, Personalmanagement, Qualitätsmanagement und Marketing überzeugt.
Als zentrale Schnittstelle und Netzwerk bietet die DIRO wertvolle Kontakte und unterstützt aktiv bei der Mandatsakquise, sei es durch Kontakte zu Rechtschutzversicherungen, Großabnehmern oder die Mandatsvergabe zwischen Kanzleien.
Interview
Pia Bollig: Vielen Dank für die Glückwünsche und die Einladung zu diesem Interview. Die DIRO AG ist ein internationales Kanzleinetzwerk mit Mitgliedern in über 30 Ländern. Unsere Mission ist es, unsere Mitgliedskanzleien als strategischer Partner mit langjähriger Erfahrung und Expertise in Bereichen wie Personalmanagement, Qualitätsmanagement, Marketing und Kanzleimanagement zu unterstützen. Darüber hinaus verstehen wir uns als Schnittstelle und Plattform für erfolgreiche Mandatsakquise.
Unsere strategischen Ziele und Visionen für die Zukunft sind klar formuliert: Wir wollen das Netzwerk sowohl nach innen als auch nach außen weiter stärken, um unseren Mitgliedern noch größere Vorteile zu bieten. Dabei legen wir besonderen Wert auf die Anpassung an technologische Entwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen.
Ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit ist es, unsere Mitgliedskanzleien dabei zu unterstützen, zukunftsgerichtet aufgestellt zu sein. Hierbei spielt das Thema Digitalisierung eine wesentliche Rolle. Wir bieten Zugang zu modernen Technologien – etwa durch unsere eigens entwickelte DIRO-Multisite, einem Website-Builder für unsere Mitgliedskanzleien, sowie durch Kooperationen mit Softwareanbietern, die Lösungen von juristischen Datenbanken bis hin zu KI-gestützter Technologie abdecken. So können die Kanzleien ihre Arbeitsprozesse optimieren und deutlich effizienter gestalten. Gerade in Zeiten wachsender Anforderungen und zunehmender Konkurrenz ist dies ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Ursprünglich wurde die DIRO Anfang der 1990er Jahre gegründet, um eine Plattform zu schaffen, über die sich Kanzleien effizient vernetzen und gemeinsam arbeiten können. Heute vereint unser Netzwerk rund 200 Kanzleien aus ganz Europa und darüber hinaus, die in unterschiedlichsten Rechtsgebieten tätig sind. Diese Vielfalt an Fachwissen und Kompetenzen macht die DIRO besonders für größere Mandanten, vor allem für mittelständische Unternehmen, attraktiv. Da die DIRO selbst keine Anwaltskanzlei ist und daher keine Mandate annehmen kann, wurde 2023 die DIRO-nahe Zentralkanzlei DIRO LEGAL GmbH gegründet. Sie übernimmt Mandate und steuert deren Bearbeitung dezentral über die Mitgliedskanzleien im Netzwerk.
Pia Bollig: Die Digitalisierung wird eine zentrale Rolle in unserer weiteren Entwicklung spielen. Technologische Fortschritte wie Künstliche Intelligenz, Big Data und Cloud Computing verändern schon heute die Arbeitsweise in der Rechtsbranche – und wir sehen darin große Chancen für unsere Mitgliedskanzleien. Diese Technologien ermöglichen effizientere Abläufe, präzisere Datenanalysen und damit eine insgesamt höhere Qualität juristischer Dienstleistungen.
Ein konkretes Beispiel ist der Einsatz von KI in der juristischen Recherche: Große Datenmengen können schneller und genauer ausgewertet werden, was die Effizienz und die Qualität der Arbeit erheblich steigert. Wir unterstützen unsere Mitgliedskanzleien, indem wir gezielt Kontakte zu innovativen Technologieanbietern knüpfen und attraktive Konditionen für den Zugang zu modernen Lösungen verhandeln. So schaffen wir die Voraussetzungen, damit Kanzleien ihre Prozesse optimieren und ihren Mandanten einen noch besseren Service bieten können.
Auch gesellschaftliche Entwicklungen prägen unsere Arbeit. Themen wie der demografische Wandel, die zunehmende Globalisierung und veränderte Erwartungen der Mandanten machen es erforderlich, flexibel zu bleiben und frühzeitig zu reagieren. Entwicklungen in diesen Bereichen beeinflussen nicht nur die Anforderungen an rechtliche Dienstleistungen, sondern auch die Art und Weise, wie Kanzleien ihre Leistungen anbieten und ihre Mandanten betreuen. Deshalb ist es für uns entscheidend, diese Trends frühzeitig zu erkennen und unsere Strategien flexibel anzupassen, um unseren Mitgliedskanzleien die bestmögliche Unterstützung zu bieten.
Pia Bollig: Das ist korrekt – das DIRO-Netzwerk ist mittlerweile sehr heterogen, und die Gründe für eine Mitgliedschaft sind ebenso verschieden. Ein klarer Fokus liegt auf mittelgroßen Kanzleien, die besonders von den Vorteilen eines internationalen Netzwerks und der breiten Expertise profitieren. Dennoch zeigt sich das Netzwerk durch die unterschiedlichen Spezialisierungen, Länder und Strukturen der Mitgliedskanzleien in vielen verschiedenen Facetten. Deshalb ist nicht jede Kanzlei aus den gleichen Gründen Teil des Netzwerks.
Kanzleien, die international tätig sind oder es werden möchten, finden in der DIRO einen wertvollen Partner. Durch unser europaweites Netzwerk können sie ihre Reichweite und ihren Einfluss erheblich erweitern und gleichzeitig von den lokalen Kenntnissen und Erfahrungen ihrer Netzwerkpartner profitieren. Insbesondere in einer globalisierten Welt, in der grenzüberschreitende Rechtsfragen immer häufiger auftreten, unterstützen wir die Mitglieder unserer DIRO BUSINESS Group – dieser teilweise internationale Austausch ist von unschätzbarem Wert.
Kleinere und mittlere Kanzleien, die von den Ressourcen eines großen Netzwerks profitieren möchten, erhalten über die DIRO-Multisite und die DIRO-Agentur gezielte Unterstützung für ihren Markenauftritt und ihre Digitalisierung. Diese Dienstleistungen helfen ihnen, ihre Arbeitsprozesse zu optimieren und ihre Marktposition zu stärken, sodass sie mit größeren Kanzleien konkurrenzfähig bleiben können.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Kanzleien mit unterschiedlichen Schwerpunkten – sei es in der Spezialisierung, in der geographischen Ausrichtung oder in ihrer Größe – aus unterschiedlichen Gründen Mitglied der DIRO sind. Und für jeden dieser Kanzleitypen bieten wir maßgeschneiderte Unterstützung, um ihre jeweiligen Ziele erfolgreich zu erreichen.
Pia Bollig: Für junge Juristinnen und Juristen bietet die DIRO zahlreiche Perspektiven und spannende Möglichkeiten, um sich beruflich weiterzuentwickeln. Als junge Vorständin habe ich mir vorgenommen, Zukunftsthemen stärker in den Fokus zu rücken und vor allem die Interessen und Sichtweisen unserer jüngeren Kolleginnen und Kollegen sichtbarer zu machen.
Ein zentraler Vorteil für junge Anwältinnen und Anwälte ist die Möglichkeit zur Vernetzung – sowohl mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen als auch mit anderen jungen Talenten. Der Austausch zwischen den Generationen ist für uns besonders wichtig, da er nicht nur den Wissenstransfer fördert, sondern auch den Dialog zwischen den Entscheidungsträgern von heute und morgen stärkt.
Um junge Anwältinnen und Anwälte aktiv einzubeziehen, haben wir die Schwelle für unter 40-Jährige bewusst niedrig gehalten, zum Beispiel durch den Erlass des Tagungsbeitrags für Kolleginnen und Kollegen unter 40 Jahren bei unseren DIRO-internen Tagungen, die zweimal jährlich stattfinden. So schaffen wir eine attraktive Möglichkeit, an strategischen Diskussionen teilzunehmen und sich frühzeitig zu vernetzen.
Darüber hinaus eröffnet unser europaweites Netzwerk jungen Juristinnen und Juristen die Möglichkeit, praktische Erfahrungen im Ausland zu sammeln, indem sie zeitweise in Partnerkanzleien anderer Länder mitarbeiten. Das bietet wertvolle Einblicke in unterschiedliche Rechtsordnungen und internationale Arbeitsweisen – eine Erfahrung, die im zunehmend globalisierten Rechtsmarkt immer wichtiger wird.
Zudem ermutigen wir junge Kolleginnen und Kollegen, den Kontakt zu erfahrenen Anwältinnen und Anwälten innerhalb des Netzwerks zu suchen. Viele erfahrenere Mitglieder verstehen sich dabei gerne als Mentorinnen und Mentoren auf Augenhöhe, bieten Rat und teilen ihre Erfahrungen, ohne dass es dafür eines formellen Mentoringprogramms bedarf.
Pia Bollig: Viele der Bereiche, in denen wir unsere Mitgliedskanzleien unterstützen, haben wir bereits angesprochen. Im Kern geht es bei der DIRO vor allem um zwei Dinge: echte Vernetzung und gezielte Unterstützung bei der Weiterentwicklung der Kanzleien – beides in einem kollegialen, vertrauensvollen Umfeld. Wer möchte, hat bei uns die Möglichkeit, sich mit dem gesamten Netzwerk bekanntzumachen und tragfähige Verbindungen aufzubauen, die weit über den Austausch von Visitenkarten hinausgehen.
Wir bieten mehr Unterstützung als das, was man von einem klassischen Netzwerk erwarten würde. Neben der persönlichen Vernetzung unterstützen wir unsere Mitgliedskanzleien in zentralen Managementthemen wie Personalentwicklung, Qualitätsmanagement, Marketing und Kanzleiorganisation. Gerade in Zeiten zunehmender Komplexität im Rechtsmarkt hilft dieser Austausch, den eigenen Kurs sicher zu halten und Chancen frühzeitig zu erkennen.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung bei der Mandatsakquise. Über Kooperationen mit Rechtsschutzversicherern oder unsere eigens gegründete Zentralkanzlei DIRO LEGAL eröffnen wir unseren Mitgliedern konkrete Wege, neue Mandate zu gewinnen und ihre Sichtbarkeit im Markt zu erhöhen. Das unterscheidet uns wesentlich von anderen Netzwerken: Wir beschränken uns nicht auf den Austausch von Best Practices, sondern tragen aktiv dazu bei, das Geschäft unserer Mitgliedskanzleien weiterzuentwickeln.
Hinzu kommt unser zusätzlicher Fokus auf Digitalisierungsthemen. Mit Lösungen wie der DIRO-Multisite und die DIRO-Agentur oder durch namhafte Kooperationen helfen wir unseren Mitgliedern, ihre Arbeitsprozesse zu modernisieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Gerade angesichts steigender Anforderungen im Kanzleialltag sehen wir darin einen entscheidenden Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Mitglieder.
Zusammengefasst bietet die DIRO nicht nur ein starkes Netzwerk, sondern vor allem eine praxisnahe, nachhaltige Unterstützung – für den Alltag, für das Wachstum und für die Zukunft unserer Mitgliedskanzleien.
Pia Bollig: Die DIRO unterstützt ihre Mitgliedskanzleien dabei, den wachsenden Anforderungen des juristischen Marktes souverän zu begegnen, indem sie ihnen die passende Infrastruktur, gezielte Impulse und Zugang zu relevanten Kontakten bietet.
Ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit ist die enge Vernetzung unserer Mitgliedskanzleien untereinander. Durch regelmäßige Treffen – etwa Tagungen, Workshops und individuelle Sprechstunden – schaffen wir Raum für Austausch, gemeinsames Lernen und Zusammenarbeit. So fördern wir nicht nur die fachliche und persönliche Weiterentwicklung der einzelnen Kanzleien, sondern stärken zugleich das gesamte Netzwerk.
Darüber hinaus pflegen wir enge Partnerschaften mit wichtigen Akteuren des Marktes – von Rechtsschutzversicherungen bis hin zu Technologieanbietern. Diese Kooperationen greifen gerne auf das gesamte DIRO-Netzwerk zurück, was ein großes Vertrauen in die Qualität unserer Mitgliedskanzleien widerspiegelt. Davon profitieren insbesondere diejenigen Kanzleien, die dieses Qualitätsversprechen auch im Alltag leben und sich aktiv in das Netzwerk einbringen.
So stellt die DIRO nicht nur eine Plattform für den internen Austausch bereit, sondern auch wertvolle externe Schnittstellen und Chancen, die für die Geschäftsentwicklung unserer Mitgliedskanzleien zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Pia Bollig: Um den Nutzen der Mitgliedschaft weiterzuentwickeln und an die sich verändernden Bedürfnisse anzupassen, werden wir kontinuierlich unsere Dienstleistungen und Angebote weiterentwickeln. Dies umfasst vor allem die Integration neuer Technologien und die Stärkung unserer nationalen und internationalen Vernetzung. Wir möchten sicherstellen, dass unsere Mitglieder auch in Zukunft Zugang zu den neuesten Entwicklungen und Best Practices haben.
Wir gehen davon aus, dass sich die Bedürfnisse unserer Mitglieder in Zukunft möglicherweise verstärkt in den Bereichen Digitalisierung und Globalisierung zeigen könnten. Die Nachfrage nach innovativen technologischen Lösungen, insbesondere in der juristischen Recherche und Prozessoptimierung, könnte dabei weiter zunehmen. Ebenso dürfte das Interesse an internationaler Vernetzung und interdisziplinären Partnerschaften mit der Zeit weiterwachsen.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, werden wir nicht nur unsere digitalen Tools und Plattformen weiterentwickeln, sondern auch Themen wie die Nachfolgeplanung in Kanzleien in den Mittelpunkt stellen. Kanzleien müssen sowohl in ihrer täglichen Arbeit exzellent aufgestellt sein als auch für kommende Generationen als Arbeitgeber und unternehmerische Investition attraktiv bleiben. Wir unterstützen unsere Mitglieder dabei, ihre Kanzleien langfristig zukunftsfähig aufzustellen – sei es durch die Förderung von Qualitätsmanagement, die Optimierung der Unternehmensstruktur oder die Entwicklung von Strategien für eine reibungslose Nachfolge. Auf diese Weise stärken wir nicht nur die heutige Wettbewerbsfähigkeit unserer Mitglieder, sondern auch ihre Position für die kommenden Jahre.
Pia Bollig: Als neue Vorständin liegt es in meiner Verantwortung, die bewährte Struktur der DIRO zu erhalten und gleichzeitig neue Impulse zu setzen. Dabei finde ich es wichtig, eine Balance zwischen den langjährigen Partnerschaften, die unser Netzwerk prägen, und der Einführung frischer Ideen zu wahren. Unsere Traditionen und Werte sind die Grundlage, aber genauso wichtig ist es, offen für Veränderungen zu bleiben und uns an die dynamischen Entwicklungen in der Welt anzupassen – eine Welt, die oft mit dem Akronym „VUCA“ versehen wird.
Die größte Herausforderung besteht darin, Innovationen so zu integrieren, dass alle Mitglieder davon profitieren und sich in der neuen Struktur weiterhin gut aufgehoben fühlen. Dafür ist ein kontinuierlicher Dialog wichtig – wir müssen auf die Bedürfnisse und Erwartungen unserer Mitglieder eingehen und sicherstellen, dass Veränderungen mit Bedacht umgesetzt werden.
Nicht zuletzt erfordert es von uns allen eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Die juristische Branche entwickelt sich schnell weiter, und als Netzwerk müssen wir ebenso agil bleiben, um auf neue Trends und Entwicklungen reagieren zu können. Diese Offenheit für Neues gepaart mit der Verlässlichkeit, die unser Netzwerk ausmacht, ist der Schlüssel, um auch in Zukunft erfolgreich zu bleiben.
Pia Bollig: Die sogenannte „VUCA-Welt“ beschreibt eine Umgebung, die durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit gekennzeichnet ist – also eine Welt, die ständig im Wandel ist und in der nichts garantiert ist. Genau diese Rahmenbedingungen beeinflussen unsere strategischen Entscheidungen, da wir eine flexible und anpassungsfähige Herangehensweise brauchen. Es geht darum, schnell auf Veränderungen zu reagieren, aber dabei auch immer unsere langfristigen Ziele im Blick zu behalten.
Unsere Antwort auf diese Herausforderungen ist eine Mischung aus Agilität und Resilienz. Wir setzen auf Strategien, die es uns ermöglichen, schnell auf neue Entwicklungen zu reagieren und gleichzeitig nicht den Überblick über unsere langfristigen Visionen zu verlieren. Dabei ist es für uns besonders wichtig, Markttrends und Entwicklungen kontinuierlich zu beobachten. So können wir proaktiv auf neue Herausforderungen eingehen und sicherstellen, dass unsere Mitglieder immer die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.
Die „VUCA-Welt“ stellt uns also vor eine ständige Herausforderung, die wir nicht nur als Risiko, sondern auch als Chance begreifen. Ein zentraler Bestandteil unserer Strategie ist daher der regelmäßige Austausch und die Zusammenarbeit innerhalb unseres Netzwerks. Unsere Tagungen bieten beispielsweise nicht nur die Gelegenheit, Erfahrungen und Ideen zu teilen, sondern auch aktiv Lösungen für die Herausforderungen unserer Gegenwart zu entwickeln. Dieser Dialog stärkt die Fähigkeiten unserer Mitglieder und sorgt auch dafür, dass wir als Netzwerk gemeinsam resilienter werden. So können wir uns auch in Zeiten der Unsicherheit kontinuierlich weiterentwickeln und unseren Mitgliedern langfristig die bestmögliche Unterstützung bieten.
Pia Bollig: Meine Entscheidung, war vor allem von der Überzeugung getragen, dass ein starkes Netzwerk ein unschätzbarer Hebel für Innovation und Wachstum ist. Schon immer hat mich die Idee fasziniert, Wissen und Ressourcen zu bündeln und durch Zusammenarbeit Lösungen zu entwickeln, die über das Einzelne hinausgehen. In der juristischen Welt, die traditionell sehr individuell arbeitet, sah ich eine enorme Chance, durch Vernetzung echten Mehrwert zu schaffen – sowohl für Kanzleien als auch für die gesamte Branche. Es ist dieser Gedanke der gemeinsamen Weiterentwicklung, der mich heute motiviert und inspiriert.
Was meine berufliche Entwicklung angeht, so war sie alles andere als geradlinig, aber genau das hat mich letztlich dahin geführt, wo ich heute bin. Jede Station – sei es im Referendariat in der Rechtspflege und Justiz, meine Arbeit als Syndikusanwältin oder als Partnership- und Produktmanagerin – hat mir wertvolle Perspektiven auf die Herausforderungen und Bedürfnisse von Kanzleien und der Rechtsbranche im Allgemeinen gegeben. Besonders prägend war dabei meine Tätigkeit in der strategischen Planung einer Bundesbehörde, bei der ich viel über das Zusammenspiel von rechtlichen Anforderungen und unternehmerischen Zielen gelernt habe.
Ein weiterer zentraler Aspekt meines beruflichen Werdegangs war meine Zusammenarbeit mit verschiedenen Stakeholdern und Partnern, etwa in der juristischen Lehre und im Legal-Tech-Bereich. Diese Erfahrungen haben mir nicht nur geholfen, ein weit verzweigtes Netzwerk zu etablieren, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Bedeutung von Kooperation und innovativen Lösungen zu entwickeln. Heute bin ich in meiner Rolle als Vorständin der DIRO besonders dankbar für all diese Erfahrungen, da sie mir ermöglichen, mit unseren Mitgliedskanzleien und Partnern auf Augenhöhe zu arbeiten und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln.
In all diesen Stationen habe ich eines gelernt: Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind essenziell, um in einer sich ständig wandelnden Welt erfolgreich zu sein. Wir müssen bereit sein, neue Wege zu gehen, Risiken einzugehen und kontinuierlich zu lernen. Diese agile Denkweise ist es, die mich als Führungskraft prägt und die es mir erlaubt, strategisch zu handeln, ohne den Blick für die Veränderungen und Chancen der Zukunft zu verlieren.
Pia Bollig: Abschließend möchte ich Ihrer Leserschaft mit auf den Weg geben: Erfolg in der juristischen Praxis entsteht heute nicht mehr allein durch fachliche Exzellenz. Entscheidend ist die Bereitschaft, neue Perspektiven einzunehmen, sich laufend weiterzuentwickeln und Verbindungen zu knüpfen. Wer offen bleibt, dazulernt und aktiv ein Netzwerk aufbaut, wird nicht nur Chancen erkennen, sondern sie auch ergreifen können.
Gerade für junge Juristinnen und Juristen ist es wichtig, früh den Austausch zu suchen – mit Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen, mit anderen Generationen, mit Menschen, die andere Wege eingeschlagen haben. Ein starkes Netzwerk eröffnet neue Blickwinkel und schafft Zugänge, die allein schwer erreichbar wären.
Mein Rat: Bauen Sie Ihre fachlichen Fähigkeiten aus, aber belassen Sie es nicht dabei. Wissen außerhalb des klassischen juristischen Bereichs, unternehmerisches Denken und ein wacher Blick für gesellschaftliche Entwicklungen werden zunehmend wichtiger. Wer beides verbindet – juristisches Können und den Mut, Neues zu denken –, wird seinen eigenen Weg erfolgreich gehen.
Vielen Dank für das Interview.