Gerade für Berufseinsteigerinnen ist es alles andere als einfach, die eigenen Ziele zu kennen, diese im beruflichen Umfeld – wie bspw. im jährlichen Personalgespräch – zu kommunizieren und diese im Arbeitsalltag wie auch vor allem in herausfordernden Zeiten anzugehen und umzusetzen.

Wenn Sie als Juristin Ihre beruflichen Ziele kennen und zudem auch Ihre persönlichen Prioritäten festgelegt haben, dann können Sie fast starten. Aber eben nur fast. Denn neben der als selbstverständlich angesehenen Leistung benötigen Frauen weitere Fähigkeiten, um in den weiterhin noch immer sehr männlich geprägten, juristischen Arbeitsfeldern voranzukommen. Wenn Sie Ihren eigenen Einfluss im beruflichen Umfeld vergrößern wollen, ist es ganz besonders für Sie als Berufseinsteigerin unabdingbar, die (noch immer) üblichen, hierarchischen Business-Gepflogenheiten zu kennen und für sich zu nutzen wissen.

In Ihrem Streben nach Zielerreichung und damit nach Erfolg sollten Sie als Frau nicht als Einzelkämpferin agieren. Erfolg hat in der Regel nur die Person, die diesen auch von anderen zugebilligt bekommt. Wichtig ist daher neben der Akzeptanz und Wertschätzung Ihrer Vorgesetzten auch die anderer Menschen aus Ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld wie Kolleg:innen oder auch darüber hinaus bei Mandant:innen, Kooperationspartner:innen und (potentiellen) Multiplikator:innen, wie die nachfolgenden Tipps zeigen:

Tipp 1: Werden Sie sich unterschiedlicher Erfolgsfaktoren und ihrer Wichtigkeit im Business bewusst

Um erfolgreich zu sein und Einfluss nehmen zu können, kommt es nicht allein auf Ihre Leistung, sondern auch auf Ihr Image sowie Ihre Bekanntheit im Netzwerk an. Dieser drei Erfolgsfaktoren sind sich auch die meisten Frauen bewusst.

Vor allem jungen Juristinnen ist die unterschiedliche Gewichtung der genannten Bedingungen häufig nicht bewusst. Internationalen Studien zeigen immer wieder, dass die Fachkompetenz mit 10 Prozent nur einen geringen Anteil daran hat, wie eine Karriere verläuft. Wichtiger sind Kommunikation und Eigenwerbung (30 Prozent). Noch wichtiger sind mit 60 Prozent jedoch die richtigen Kontakte und damit Ihre Sichtbarkeit sowie Bekanntheit im Netz(-werk).

Leistung erbringt Frau mit links, denn Frauen sind „Arbeitspferde“. Mädchen haben in der Schule die besseren Noten, machen öfter Abitur und beginnen seit Anfang der 2000-er Jahre häufiger ein Jurastudium als gleichaltrige Jungen. Sie machen im Durchschnitt die besseren Abschlüsse, Fach- und Expertenwissen sind für Frauen daher kein Problem.

Was den wenigsten beim Berufseinstieg bewusst ist: Kompetenz fördert das berufliche Vorankommen nicht in dem erwarteten Maße. Es kommt vielmehr auf das eigene Image und dessen Außenwirkung an.

Tipp 2: Beeinflussen Sie strategisch und proaktiv Ihr Image in Ihrem beruflichen Umfeld

Sich bewusst ein Image zu „kreieren“, was andere wahrnehmen sollen, stellt für viele Frauen eine große Herausforderung dar. Nicht weil sie es nicht können, sondern weil die Wichtig- und Wertigkeit des eigenen Images von Frauen anders eingeschätzt wird. Vor allem Berufseinsteigerinnen glauben nach der langen, vielfach leistungsbezogenen, juristischen Ausbildung häufig, dass eine entsprechende Leistung für das erforderliche gute Image sorgt. Immer wieder setzen Juristinnen am Anfang ihrer Karriere darauf, dass Vorgesetzte oder andere Entscheider:innen ihren Einsatz im Büro wie auch in Bezug auf das Perfektionieren der eigenen Expertise doch sehen und damit auch entsprechend anerkennen müssten.

Leistung zu zeigen ist wichtig. Selbstverständlich bemerken es Vorgesetzte, wenn Sie als Berufseinsteigerin Ihr Potential einbringen, sich engagieren und immer wieder überdurchschnittliche Leistungen abliefern. Bessere Entwicklungsvoraussetzungen hat jedoch eine Person, die – neben der häufig als ganz selbstverständlich angesehenen fachlichen Expertise –, ihre Expertise und beruflichen Erfolge proaktiv darstellt und zum anderen darüber hinaus (dafür) anerkannt und bekannt ist.

Für junge Juristinnen ist es daher unabdingbar, sich mit ihrer Expertise sowie Persönlichkeit und damit mit ihrer Personal Brand im Arbeitsumfeld sowie im Netz(-werk) zu beschäftigen. Es geht bei der Sichtbarkeit im Netz(-werk) nicht nur um große, bahnbrechende Projekte, Mandate oder Ergebnisse. Viel entscheidender ist das bewusste, kontinuierliche Sichtbarmachen von kleinen, gefühlt alltäglichen Erfolgen gegenüber relevanten Personen im Arbeitsumfeld und darüber hinaus. Damit Ihnen Ihr guter Ruf bestenfalls vorauseilt.

Ein starkes Selbstmarketing ist also gefragt. Erfolgstipps dazu finden Sie ausführlicher im Beitrag Erfolgstipps für ein starkes Selbstmarketing für Jurist:innen.

Tipp 3: Machen Sie Ihr Netzwerk zu Ihrem Erfolgsmotor

Überdurchschnittlich wichtig für Ihr berufliches Vorankommen ist Ihre Bekanntheit, Ihre Sichtbarkeit und damit Ihr persönliches Netz(-werk). Es ist daher mehr als lohnend, Ihre in der Regel für persönliche Belange meist knapp bemessene Zeit und Energie in den Auf- und Ausbau Ihres Netzwerks zu stecken oder sich einem bereits bestehenden Netzwerk anzuschließen.

Netzwerke brauchen Frauen genauso wie Männer. Netzwerke in diesem Kontext sind informelle Systeme, in denen sich Sympathien entwickeln, welche zum Antriebselement für gemeinsame Projekte und damit für Erfolge werden. Statt dass Sie als Einzelkämpferin nur langsam vorankommen, sorgt ein gutes Netzwerk regelmäßig dafür, dass Sie Ihre anvisierten (Karriere-)Positionen oder Ziele erreichen und das meistens schneller sowie leichter.

Neben weiteren Kontakten erhalten Sie von den Menschen aus Ihrem Netzwerk relevante Informationen über Jobvakanzen, Vortragsmöglichkeiten oder bevorstehende, interessante Projekte. Sie profitieren von Synergien, die Ihnen bspw. den Eintritt in das oder das Vorankommen im Berufsleben erleichtern. Denn es ist allgemein bekannt, dass ein großer Teil offener Stellen gar nicht erst ausgeschrieben wird, sondern über den „versteckten Arbeitsmarkt“ und damit über das Netzwerk (wieder) besetzt wird.

Frauen netzwerken eher mit Frauen. Deshalb sind reine Frauennetzwerke – wie bspw. der Deutsche Juristinnenbund e. V. – ganz besonders für Berufseinsteigerinnen attraktiv und notwendig. Frau profitiert dabei nicht nur von der lockeren Atmosphäre unter Gleichgesinnten und den ihren eigenen beruflichen Horizont regelmäßig erweiternden Weiterbildungs- und Informationsmöglichkeiten. Als besonders wertvoll für die berufliche Orientierung wird auch der Erfahrungsaustausch zum Vorankommen in männlich geprägten Hierarchien wie auch das Teilen persönlicher Erfolgsgeschichten empfunden.

Für Ihren beruflichen Erfolg ist es jedoch wichtig, dass Sie als Frau darüber hinaus auch in gemischt-geschlechtlichen Netzwerken aktiv sind und somit auch Männer als Mentoren oder Sparringspartner in Ihrem Netzwerk haben. Denn noch immer zeigen Statistiken auf, dass in den heutigen Zeiten nach wie vor hauptsächlich Männer in besseren Positionen sind und daher den Zugang zu den anvisierten Karrieremöglichkeiten leichter eröffnen können.

Zur Autorin:

Rechtsanwältin Dr. Anja Schäfer unterstützt und berät als Business Coach und Mentorin Juristinnen bei Fragen zur strategischen Ausrichtung, zur beruflichen und persönlichen Neu- und Umorientierung, zur Kommunikation im Arbeitsumfeld, zum Netzwerkaufbau sowie zur Sichtbarkeit als Expertin im Netz. Sie ist Veranstalterin vom „FRAUENnetzwerkenTAG für Juristinnen“, einer Online-Konferenz rund um die Themen Networking, Selbstmarketing und Expertinnen Branding, welche am 1. & 2. April zum zweiten Mal stattfindet. Mehr dazu: http://www.frauennetzwerkentag.de/.