In dieser Beitragsreihe stellen wir dir die geläufigsten Rechtsgebiete vor und geben dir einen Überblick darüber, welche Karrieremöglichkeiten die einzelnen Felder bieten und welche Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt werden. In diesem Beitrag geht es um Erbrecht.
Allgemeines zum Erbrecht
Das Erbrecht regelt maßgeblich die Rechtsbeziehungen zwischen der bzw. dem Erblasser:in und seinen Erb:innen, sei es aufgrund einer gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge. Es umfasst darüber hinaus beispielsweise auch Fragen rund um die Erbunwürdigkeit, Ausschlagung und Verzicht des Erbes, die Fiskalerbschaft sowie die Erbschaftssteuer nach dem Erbschaftssteuergesetz [ErbStG]. Ferner gehört auch die gewohnheitsrechtlich anerkannte Totenfürsorge zum Erbrecht, also das Recht beziehungsweise zugleich die Pflicht, sich um Leichnam und Grab des Verstorbenen zu kümmern.
Die gesetzliche Erfolge tritt grundsätzlich dann ein, wenn weder ein Testament oder Erbvertrag noch sonstige Verfügungen von Todes wegen aufgesetzt wurden. Diese richtet sich sodann im Wesentlichen nach dem Verwandtschaftsgrad, soweit nicht schwerwiegende Gründe für eine Enterbung vorliegen.
Das Erbrecht, welches also maßgeblich Regelungen über das Eigentum oder andere veräußerbare Rechte für den Todesfall betrifft, ist deshalb – ebenso wie das Eigentum an sich – von Art. 14 des Grundgesetzes [GG] im Wege einer Institutsgarantie besonders verfassungsrechtlich geschützt. Zu nennen ist hierbei vor allem die Testierfreiheit, die zugleich einen Ausfluss der Privatautonomie darstellt.
Die gesetzlichen Grundlagen zum Erbrecht finden sich insbesondere im fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB], also in den §§ 1922 ff. Im Einführungsgesetz zum BGB, dem EGBGB, finden sich in den Art. 25 f. überdies Regelungen zum Erbrecht im Rahmen des internationalen Privatrechts.
In erbrechtlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich das Nachlassgericht zuständig. Nach § 23a des Gerichtsverfassungsgesetzes [GVG] und § 343 des dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit [FamFG] sind Nachlassgerichte an dem Amtsgericht örtlich zuständig, bei dem die bzw. der Erblasser:in ihren bzw. seinen letzten Wohnsitz hatte. Sachlich sind sie für sämtliche Nachlasssachen zuständig, wie die besondere amtliche Verwahrung und Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen, Erbscheine, Testamentsvollstreckerzeugnisse und sonstige vom Nachlassgericht zu erteilende Zeugnisse oder der Testamentsvollstreckung. Die Verfahren in Nachlassangelegenheiten richtet sich demnach ebenso nach dem FamFG und nicht nach der der Zivilprozessordnung [ZPO].
Welche Karrieremöglichkeiten im Erbrecht habe ich?
Die Einsatzgebiete für Jurist:innen mit guten Kenntnissen im Erbrecht sind mannigfaltig. Im Rahmen der klassischen juristischen Berufe besteht zunächst die Möglichkeit, im Staatsdienst eine Karriere als Richter:in an einem Nachlassgericht zu bestreiten. Als Alternative dazu kann sich ein:e erbrechtlich versierte:r Volljurist:in als (Einzel-)Anwält:in selbstständig machen oder eine Anstellung in einer Boutique oder mittelständischen Kanzlei finden – und zwar bundesweit; eine Hochburg besteht für das Erbrecht nicht. Dabei gibt es auch eine Vielzahl von rein auf [Familien- und] Erbrecht spezialisierte Kanzleien. In Großkanzleien spielt das Erbrecht indes regelmäßig eine allenfalls untergeordnete Rolle, mit Ausnahme von Unternehmensnachfolgen aufgrund Todesfall.
Notar:innen kümmern sich ebenso um erbrechtliche Angelegenheiten, insbesondere um Testamente, Erbverträge, Pflichtteils- oder Erbverzichtsverträge oder Vorsorgevollmachten. Je nach Region besteht die Möglichkeit nur als hauptberufliche:r Notar:in tätig zu werden (sog. Nur-Notar:in); in diesem Fall wird ein umfangreiches, nicht rein auf Erbrecht beschränktes, Angebotsspektrum notwendig sein. In einigen Regionen Deutschlands sind jedoch sog. Anwaltsnotar:innen zulässig, also Notar:innen die zugleich als Rechtsanwält:in zugelassen sind. Ein:e erbrechtlich versierte:r Anwält:in kann hier also ihre bzw. seine Notartätigkeiten ohne weiteres auf den erbrechtlichen Schwerpunkt beschränken.
Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, erbrechtlich sogar ohne Studium der Rechtswissenschaft tätig zu werden, und zwar mit einer Rechtspflegerausbildung an einer entsprechenden (Fach-)Hochschule. Rechtspfleger:innen übernehmen verschiedene richterliche Tätigkeiten, insbesondere in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, und damit auch im Nachlassrecht.
Welche besonderen Kenntnisse sollte ich mitbringen?
Das Erbrecht wird in der universitären Ausbildung einiger Bundesländer etwas vernachlässigt, da es sich nicht bundesweit um Pflichtstoff handelt. Im juristischen Vorbereitungsdienst spielt es eine noch geringere Rolle, wenn nicht ein entsprechender Schwerpunkt gewählt wurde. Deshalb ist es notwendig sich die entsprechenden Kenntnisse selbst anzueignen.
Darüber hinaus sind vertiefte Kenntnisse des allgemeinen Zivilrechts notwendig, da das Erbrecht im Wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen agiert. Dies gilt auch für die im Erbrecht erforderlichen Vertragsgestaltungen. Daneben sind regelmäßig auch grundlegende Kenntnisse im Gesellschaftsrecht erforderlich, denn Fragen zur erbrechtlich begründeten Unternehmensnachfolge werden auch anhand der konkreten Gesellschaftsform beantwortet.
Promotion und / oder LL.M. sind insbesondere in der freien Wirtschaft sehr gerne gesehen.
Kann ich im Rechtsgebiet Erbrecht Fachanwalt werden?
§ 14f der Fachanwaltsordnung [FAO] nennt die Voraussetzungen für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwältin bzw. -anwalt für Erbrecht“. Danach werden besondere Kenntnisse in den Bereichen
- materielles Erbrecht unter Einschluss erbrechtlicher Bezüge zum Schuld-, Familien-, Gesellschafts-, Stiftungs-, Sozial-, Steuer- und Vollstreckungsrecht;
- erbrechtliches Verfahrens- und Kostenrecht;
- und Internationales Privatrecht im Erbrecht
verlangt.