I. Promotion
Dr. Caterina Wehage promovierte im Anschluss an ihr Erstes Staatsexamen an der gleichen Universität, an der sie ihr Erstes Staatsexamen ablegte von 2009 bis Anfang 2010. Die Großeltern finanzierten das Studienjahr. Die Fertigstellung der Arbeit erfolgte während des Referendariats und die mündliche Prüfung kurz nach dem Berufseinstieg im Jahr 2012. Ihr Ehemann promovierte ebenfalls und finanzierte das Studienjahr durch seine Tätigkeit an einem Lehrstuhl der juristischen Fakultät. Zwei enge Freunde brachen ihr Promotionsvorhaben ab. Die Vor- und Nachteile einer Promotion beschreibt sie wie folgt:
„Die langfristigen Vorteile einer juristischen Promotion sind bekannt: Wer den Titel legal erreicht hat, darf ihn ein Leben lang tragen. Der Titel zeichnet den Träger aus, denn der Zugang zu dem Promotionsstudium ist nur Personen mit mindestens einem vollbefriedigenden Examen oder anderen hervorragenden Leistungen möglich und die Abbruchquote ist hoch. Auch heute noch verbindet man einen Doktortitel zu Recht mit einer weit überdurchschnittlichen Leistung, obwohl einige Täuschungsfälle ein schlechtes Licht auf Promotionen warfen. Letztendlich wurde aber deutlich, dass die Gesellschaft unwissenschaftliches Arbeiten nicht duldet. Ohne Zweifel steht das Erreichen des Titels für die Fähigkeit, wissenschaftlich zu arbeiten und zu schreiben, insbesondere aber für Durchhaltevermögen, Fleiß und Leidensfähigkeit. Die letztgenannten Eigenschaften zeichnen (unter anderem) auch eine:n gute:n Rechtsanwältin bzw. -anwalt aus. Der Wert einer Promotion dürfte für Rechtsanwältinnen und -anwälte, die sich auf dem Markt gegen andere Dienstleister durchsetzen müssen, höher sein als für andere juristische Berufe. Dies lässt sich in den Gehaltsverhandlungen einsetzen.
Eine juristische Promotion kostet Zeit und daher auch Geld. Für ein Stipendium reichen herausragende Noten nicht aus. Dem Lebenslauf muss zu entnehmen sein, dass man nicht nur das eigene Fortkommen im Blick hatte, sondern auch etwas für die Gesellschaft tat. Wer das Glück hat, über finanzielle Mittel für den Lebensunterhalt zur verfügen, kann es schaffen, das Werk innerhalb eines Jahres zu Papier zu bringen. Wer sein Promotionsstudium selbst finanzieren muss, sollte mindestens zwei Jahre zur Fertigstellung der Arbeit einplanen. Nach der Abgabe der Rohfassung müssen die Kommentare und Hinweise der Doktormutter oder des Doktorvaters eingearbeitet werden. Meistens ist dann auch eine Aktualisierung des Geschriebenen an inzwischen ergangene Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Literatur notwendig. Dies kostet wiederum viel Zeit und Nerven. In der Zwischenzeit hat man das Referendariat oder die erste Erwerbstätigkeit aufgenommen, von Teilzeit- auf Vollzeittätigkeit aufgestockt und/oder eine Familie gegründet und muss die Schlussfassung der Arbeit in der knappen Zeit neben anderen Verpflichtungen bewältigen. Man will die Arbeit irgendwann nicht mehr sehen, muss sich aber wieder und wieder mit ihr beschäftigen. An die Fertigstellung der schriftlichen Arbeit schließt sich eine mündliche Prüfung an, die auch sehr gut vorbereitet sein sollte.
Eine Promotion erschöpft sich nicht im Zusammentragen von Meinungen zu einer offenen Rechtsfrage, vielmehr entwickelt der Autor eigene Lösungsansätze mittels des juristischen Handwerkzeugs. Da die Rechtswissenschaft keine exakte oder empirische Wissenschaft ist, stellt eine juristische Promotion gedanklich und sprachlich eine Herausforderung dar. Manche scheitern an den eigenen hohen Ansprüchen und dem Gefühl, nicht fertig werden zu können, da eine Weiterentwicklung der Erkenntnisse immer möglich ist. Manchmal stellt sich auch die Sinnfrage: Wer wird dies eigentlich lesen? In den wenigsten Fällen wird man das Erarbeitete thematisch in der Praxis benötigen.
Die langfristigen Vorteile einer Promotion sollte daher nur anstreben, wer Freude oder zumindest Interesse an rechtswissenschaftlicher Tätigkeit hat. Diejenigen, die allein den Titel im Blick haben und die sich schon mit der Facharbeit gequält haben, werden höchstwahrscheinlich abbrechen und/oder sehr unglücklich sein. Man kann das Promotionsstudium aber auch als großes Glück empfinden: Noch etwas länger Student:in sein, sich mit anderen Studierenden austauschen, intensiv und frei zu leben, die Bibliotheken nach allem Lesbaren zu einem Thema zu durchkämmen und sich eine eigene Meinung hierzu zu bilden. Das ist sehr schön. Am Ende kann man sich zumindest sicher sein, dass das Vorwort von lieben Menschen gelesen wird. Der Titel erinnert bis zum Lebensende an Ruhm und Ehre für eine an der Lebensdauer gemessen (doch hoffentlich) kurzweilige Leistung.“