Sie haben eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bei Ihrer Wunschkanzlei erhalten. Gratulation, die Darstellung Ihrer Personal Brand hat diese überzeugt, und Sie haben die erste Hürde für den Einstieg in den (Anwalts-)Beruf genommen.
Mit dem Bewerbungsgespräch steht die nächste Herausforderung bevor. Denn in diesem gilt es, sich bestmöglich zu präsentieren und aufzuzeigen, dass und warum Sie die ideale Kandidatin oder der beste Bewerber für die zu besetzende Position sind.
Lesen Sie in diesem Beitrag, was Sie vorab über Ihr neues Arbeitsumfeld recherchieren sollten. Erfahren Sie, wie Sie Ihre Markenbotschaft im direkten Gespräch erfolgreich kommunizieren. Bekommen Sie zudem sieben Erfolgstipps, wie Sie als Nachwuchsjurist:in im Vorstellungsgespräch durch Ihr Personal-Branding punkten.
Starten Sie gut vorbereitet in Ihr Bewerbungsgespräch
Eine gute Vorbereitung ist Ihr wichtigster Schlüssel zum Erfolg. Damit sind Sie in der Lage, nicht nur fundiert die Fragen zu beantworten, die Ihnen im Laufe des Vorstellungsgesprächs gestellt werden. Darüber hinaus sollten Sie an den passenden Stellen Ihre Expertise und Persönlichkeit – und damit Ihre Personal Brand – immer wieder in den Fokus rücken und so als die passende Besetzung für die entsprechende Stelle in Erinnerung bleiben.
Nutzen Sie daher jedes Bewerbungsgespräch als Möglichkeit, das positive Bild Ihrer Bewerbung zu Ihrer Expertise und Persönlichkeit auszubauen und auf diese Weise Ihr Interesse an der jeweiligen Position zu bekräftigen. Damit Ihnen dies leicht gelingt, sollten Sie Folgendes im Rahmen Ihrer Vorbereitung entsprechend tun:
Recherchieren Sie Ihr zukünftiges Arbeitsumfeld
Informieren Sie sich über Ihr potenzielles neues Arbeitsumfeld online, z. B. auf Social-Media-Plattformen wie LinkedIn, oder auch in Ihrem persönlichen Netzwerk. Sprechen Sie Personen an, die Ihnen mit „Insider-Informationen“ zu entsprechenden Kontakten bei Ihrem Wunschunternehmen weiterhelfen. Auf diese Weise bekommen Sie nicht nur einen Überblick über Ihre:n Arbeitgeber:in und wichtige Informationen über Ihre potenziellen Vorgesetzten oder zukünftigen Kolleg:innen.
Nutzen Sie diese für Ihr Personal-Branding im Vorstellungsgespräch strategisch. Überlegen Sie sich vorab, wie Sie Ihre Personal Brand zielfokussiert dahingehend schärfen, so dass Sie diese klar im Rahmen Ihrer Kurzvorstellung kommunizieren und an den passenden Stellen wie bei der Beantwortung der üblichen Fragen (dazu weiter unten) immer wieder einbringen. Damit allen klar wird, warum Sie gerade für diese:n Arbeitgeber:in tätig werden wollen.
Bereiten Sie sich auf rechtliche Fachfragen und aktuelle Sachthemen Ihres potenziellen Arbeitsgebietes vor
Klären Sie für sich, welche rechtlichen Fachfragen und sonstigen Sachthemen derzeit „in aller Munde“ sind und damit auch Teil des Gesprächs mit Ihren potenziellen Vorgesetzten sein können. Auf diese Weise können Sie im passenden Moment nicht nur mit Detailwissen glänzen, sondern sich auch als informierte:r wie engagierte:r zukünftige:r Mitarbeiter:in empfehlen.
Ein solches Vorgehen zahlt nicht nur auf Ihr Personal-Branding ein. Es hebt Sie darüber hinaus von anderen Mitbewerber:innen ab. Zudem zeigt es Ihrer bzw. Ihrem Arbeitgeber:in deutlich, dass Sie auf einem bestimmten Fach- bzw. Sachgebiet durch Ihre Promotion oder eine vorherige Tätigkeit bereits ausgewiesene:r Expert:in sind oder sich eben schnell in die für Ihr zukünftiges Arbeitsgebiet wichtigen Rechts- und Fachthemen einarbeiten können.
Informieren Sie sich über mögliche Gesprächspartner:innen
Erfragen Sie die Personen, die mit Ihnen das Bewerbungsgespräch führen werden, um diese dann entsprechend zu recherchieren. Nutzen Sie dafür neben Internet- und Fachpublikationen auch die sozialen Kanäle (insbesondere LinkedIn) und – sofern vorhanden – Ihr persönliches Netzwerk bzw. dessen Kontakte.
Besonders interessant sind Gemeinsamkeiten mit einzelnen Gesprächspartner:innen, die auf Ihre Personenmarke und damit Ihre Expertise, Ihren beruflichen Werdegang oder Ihre persönlichen Stärken einzahlen. Das können ein Abschluss oder ein Auslandsaufenthalt an der gleichen Universität bzw. demselben Land, ähnliche Promotionsthemen, besondere Fremdsprachenkenntnisse oder persönliche bzw. berufsspezifische Interessen sein. Auch die Mitgliedschaft im selben Netzwerk oder ein ähnliches, auch früheres ehrenamtliches Engagement können Anknüpfungspunkte bieten und im Gespräch leicht eine persönliche Verbundenheit oder eben auch ein besonderes Augenmerk (ver-)schaffen.
Bestimmen Sie Ihre Markenbotschaft für das Bewerbungsgespräch
Sie sollten möglichst konkret formulieren können, für welche Position Sie der perfekte Bewerber oder die beste Bewerberin sind. Denn genau darum geht es – vor allem für Sie – in Ihrem Vorstellungsgespräch.
Klären Sie daher vorab, was aus Sicht Ihrer zukünftigen Arbeitgeberin bzw. Ihres zukünftigen Arbeitgebers zu Ihrer Expertise bzw. Persönlichkeit interessant und für die jeweilige Stelle aktuell praktisch relevant ist oder zukünftig wird. Welche Aspekte Ihres juristischen Know-hows oder Ihrer praktischen Erfahrungen sollten auf jeden Fall im Bewerbungsgespräch Aufmerksamkeit erhalten? Welche Ihrer persönlichen oder beruflichen Facetten zeigen, dass Sie nicht ein:e x-beliebige:r, sondern eben der bzw. die ideale Kandidat:in für die jeweilige Stelle sind?
Kommunizieren Sie die (Kern-)Botschaften Ihrer Personenmarke ehrlich und authentisch. Studien haben gezeigt, dass dann die Chancen, die gewünschte Stelle zu bekommen, um das Fünffache steigen.
Mit diesen Tipps bringen Sie Ihre Personal Brand in jedem Vorstellungsgespräch gewinnbringend für sich ein.
Tipp 1: Bestimmen Sie 3-5 Kernbotschaften zu Ihrer Expertise bzw. Persönlichkeit
Entscheiden Sie sich anhand Ihres Personal-Branding für drei bis fünf Kernbotschaften. Nutzen Sie diese wie einen roten Faden für das gesamte Gespräch.
Was von Ihrem Know-how, welche Ihrer praktischen Erfahrungen und persönlichen Stärken wollen Sie auf jeden Fall kommunizieren, um sich von anderen zu abzuheben? Bringen Sie aus einer vorherigen Tätigkeit bereits Berufspraxis mit? Haben Sie aufgrund Ihrer Promotion eine besondere Expertise in Ihrem zukünftigen Rechts- oder Fachgebiet? Engagieren Sie sich überdurchschnittlich ehrenamtlich, indem Sie im Vorstand eines Vereins tätig sind? Bieten Sie eine für zukünftige Arbeitgeber:innen einzigartige Kombination an Kompetenzen, die für die zu besetzende Stelle interessant ist?
Machen Sie sich all das vorab bewusst und haben Sie darüber hinaus konkrete Beispiele zur Hand, die deutlich machen, dass Sie als die in einem bestimmten Fach- oder Sachgebiet ausgewiesene Expertin oder der in einem bestimmten Fach- oder Sachgebiet ausgewiesene Experte genau die richtige Person für die potenzielle Kanzlei sind.
Präsentieren Sie Ihre wichtigsten Botschaften direkt zu Beginn des Gesprächs, wenn Sie sich kurz vorstellen dürfen. Alternativ bzw. zusätzlich bringen Sie sie immer wieder an geeigneter Stelle an. Damit zeigen Sie Ihrem Gegenüber, dass diese:r eine Person vor sich hat, die weiß, wer sie ist und dies auch selbstbewusst vertritt.
Tipp 2: Zeigen Sie Ihr Entwicklungspotenzial
Die heikelste und für viele Kandidat:innen unbeliebteste Frage ist die nach den persönlichen Schwächen. Bedenken Sie, dass jede Schwäche mit den richtigen Worten zu einer Stärke werden kann.
Erklären Sie an einem praktischen Beispiel aus Ihrer bisherigen Berufs- bzw. Arbeitspraxis, die gleichzeitig auch für Ihre:n zukünftige:n Arbeitgeber:in relevant sein kann, dass und wie Sie als Jurist:in von dieser Schwäche profitiert haben. Zeigen Sie so, dass Sie selbstreflektiert in der Lage sind, Ihr Entwicklungspotenzial im Sinne Ihres Personal-Branding zu erkennen und auch zu nutzen.
Tipp 3: Bringen Sie gute Ideen ein, um Ihren Expert:innenstatus zu stärken
Beantworten Sie bereits vorab für sich die – Ihnen wahrscheinlich gestellte – Frage, wie Sie als (zukünftige:r) Anwält:in bei einer bestimmten rechtlichen Frage vorgehen oder sich in das bestehende Kanzleiumfeld einbringen würden. Denn dann sind Sie im Gespräch umso besser in der Lage, aufzuzeigen, dass Sie an der Stelle wirklich interessiert sind. Schließlich haben Sie sich bereits intensiv mit Ihrer Tätigkeit und möglichen beruflichen Herausforderungen auseinandergesetzt.
Nutzen Sie Ihre Antwort auch dafür, bislang noch nicht erwähntes juristisches bzw. sonstiges Know-how oder persönliche Qualitäten gezielt ins Gespräch einzubringen oder noch nicht besprochene Erfolgsbeispiele aus Ihrer bisherigen Berufspraxis kurz vorzustellen.
Tipp 4: Sprechen Sie über Ihre persönlichen Werte und prüfen Sie, ob diese in Ihrem zukünftigen Arbeitsumfeld gelebt werden
Ein Vorstellungsgespräch dient auch dazu, um festzustellen, ob eine spätere Zusammenarbeit zustande kommen wird oder eben nicht. Nutzen Sie das Gespräch unbedingt auch dafür, ob die in Ihrem zukünftigen Arbeitsumfeld gelebten Werte auch zu den Ihren passen.
Ihre persönlichen Werte sind ein wichtiger Teil Ihrer Personal Brand. Machen Sie sich daher vorab klar, was für Sie elementar wichtig ist bzw. wie Ihr Tätigkeitsumfeld oder die Arbeitsatmosphäre sein müssen, damit Sie gut performen können.
Sprechen Sie daher diesen Punkt im Laufe des Gesprächs auf jeden Fall bspw. so an: „Mir ist eine Zusammenarbeit im Team und der fachliche, persönliche Austausch unter Kolleg:innen sehr wichtig. Welche Formen der Zusammenarbeit sind bei Ihnen in der Kanzlei üblich?“
Derartige Fragen sind eine gute Möglichkeit, ganz nebenbei ein bis zwei Ihrer Stärken noch einmal zu kommunizieren, und gleichzeitig etwas mehr über Ihre neue Arbeitsumgebung zu erfahren.
Tipp 5: Sprechen Sie darüber, wie Sie bisherige berufliche oder persönliche Herausforderungen gemeistert haben
Im Laufe Ihrer Ausbildung bzw. bisherigen Tätigkeit haben Sie sicher schon die ein oder andere herausfordernde (Arbeits-)Situation erlebt, die Sie an Ihre fachlichen, persönlichen, mentalen oder körperlichen Grenzen gebracht hat. Dennoch haben Sie diese schließlich „irgendwie“ überstanden oder besser noch, für sich aktiv gemeistert. Und genau das „Irgendwie“ ist für Ihren zukünftigen Arbeitgeber von Interesse, da solche herausfordernden Phasen im beruflichen Alltag immer wieder vorkommen.
Haben Sie daher die ein oder andere Herausforderung als praktisches und idealerweise Ihr Branding bereicherndes Beispiel parat, welches idealerweise auch für Ihren zukünftigen Berufsalltag typisch sein kann. Sprechen Sie darüber, wie Sie das jeweilige Problem erkannt und gelöst haben. Denn für Ihr Gegenüber kann auch das, was Sie aus der jeweiligen Situation für sich gelernt haben und daher beim nächsten Mal anders machen werden, von Interesse sein.
Tipp 6: Haben Sie ein klares Bild von Ihren kurz- und langfristigen Zielen vor Augen
Denken Sie bereits vor dem Bewerbungsgespräch darüber nach, wo Sie sich bspw. nach den ersten drei Jahren sehen. Eine solche Frage wird den Kandidat:innen in den allermeisten Vorstellungsgesprächen gestellt. Beantworten Sie diese Frage für sich so, dass Ihre Antwort auf Ihr Personal-Branding einzahlt. Jede Ihrer beruflichen Tätigkeiten sollte Sie im Idealfall näher an Ihre persönlichen Karriereziele heranführen. Von daher sollten Sie sich nicht allein auf Ihre beruflichen Ambitionen fokussieren, sondern auch Ihre persönlichen Ziele in den Blick nehmen und dies idealerweise kurz-, mittel- und langfristig.
Wie auch immer Ihre nächsten beruflichen wie auch individuellen Karriereschritte aussehen werden, zeigen Sie Ihrem Gegenüber auf Nachfrage konkret auf, dass Sie einen klaren Plan für Ihre eigene berufliche Entwicklung in Richtung Expert:innenliga und damit auch für die Weiterentwicklung Ihrer Personenmarke haben. Machen Sie deutlich, dass die zu besetzende Stelle der logische und passende nächste Schritt ist, für den Sie selbstverständlich bereit sind (und sein sollten).
Tipp 7: Stellen Sie Fragen, mit denen Sie sich noch einmal klar positionieren
Spätestens am Ende eines jeden Bewerbungsgesprächs haben Sie die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen. Nutzen Sie diese Gelegenheit noch einmal bewusst im Interesse Ihres Personal-Branding, um auf diese Weise das Bild einer bzw. eines idealen Kandidat:in in den Köpfen Ihrer Gesprächspartner:innen zu bekräftigen.
Bereiten Sie sich auf diesen Moment des Vorstellungsgesprächs bewusst vor, und stellen Sie dann Fragen, die erneut Ihren Status als Expert:in und damit Ihre Personal Brand aufwerten. Bringen Sie in Ihren Fragestellungen Ihre Werte, die idealerweise mit denen der Kanzlei oder Ihrer Gesprächspartner:innen übereinstimmen, noch einmal zur Sprache. Klären Sie bspw., anhand welcher Kriterien am Ende der Probezeit bewertet wird, ob die Zusammenarbeit mit Ihnen erfolgreich war.
Der Vorbereitungsaufwand lohnt sich vor allem für eine Person, für Sie!
Mit entsprechender Vorbereitung gelingt es Ihnen, jedes Bewerbungsgespräch ab sofort strategisch für sich und Ihr Personal-Branding zu nutzen, um den positiven Eindruck zu Ihrer Person und Expertise aus den Bewerbungsunterlagen und ggfs. den sozialen Netzwerken zu verstärken. Zudem schaffen Sie so die Voraussetzungen, sich in beinahe allen Gesprächssituationen bestmöglich so zu präsentieren, dass und warum Sie die ideale Kandidatin oder der beste Bewerber für die zu besetzende Position sind.
Was Sie darüber hinaus erreichen, ist für Ihre eigene Entscheidung elementar wichtig: Durch Ihr proaktives und zielfokussiertes Vorgehen, die richtigen Fragestellungen und das bewusste Beobachten der Atmosphäre und der Reaktionen Ihrer Gesprächspartner:innen sowie die Reflexion Ihrer Statements, der gestellten wie auch nicht gestellten Fragen erhalten Sie all die notwendigen Informationen, die für die Beantwortung der einen Frage wesentlich sind, die Sie sich in den heutigen Zeiten des Wettbewerbs um qualifizierte Bewerber:innen am Ende immer häufiger stellen dürfen: ob die Stelle auch wirklich zu Ihnen passt.
Zur Autorin:
Dr. Anja Schäfer ist Anwältin, Expertin für Networking & Female Leadership in Kanzleien und unterstützt als Mentorin schwerpunktmäßig Juristinnen in puncto Netzwerkaufbau, Selbstmarketing und Sichtbarkeit als Expertin. Sie veranstaltet regelmäßig Networking-Events von, für und mit Juristinnen – vor Ort sowie auch virtuell – und spricht über die eben genannten Themen im „Juristinnen netzwerken … Podcast“. Mehr Informationen: www.juristinnen-netzwerken-podcast.de oder auf https://anja-schaefer.eu/podcast.