In dieser Beitragsreihe stellen wir dir die geläufigsten Rechtsgebiete vor und geben dir einen Überblick darüber, welche Karrieremöglichkeiten die einzelnen Felder bieten und welche Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt werden. In diesem Beitrag geht es um Miet- und Wohnungseigentumsrecht.
Allgemeines zum Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Das Miet- und Wohnungseigentumsrecht umfasst sämtliche rechtliche Regelungen, die unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang stehen mit Miete, Pacht und Wohnungseigentum. Dabei ist aber strikt zwischen Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht zu unterscheiden. Während das Mietrecht sich auf die Verhältnisse zwischen Mieter und Vermieter bezieht, regelt das Wohnungseigentumsrecht die Verhältnisse der Eigentümer von einzelnen Wohnungen in einem Gebäudekomplex untereinander.
Das Mietrecht ist in zwar in nur wenige Gesetze eingegliedert, aufgrund der Vielzahl von dort geregelten Rechten und Pflichten für Mieter und Vermieter beziehungsweise Eigentümer handelt es sich dennoch durchaus um ein sehr komplexes Rechtsgebiet. Es greift sowohl bei beweglichen Sachen (Mobilfunktelefonen, PKWs etc.; hierbei wird insbesondere bei PKWs von Leasing gesprochen) als auch bei unbeweglichen Sachen (Grundstücken, Gebäuden, Wohnungen). Der Mietvertrag beinhaltet stets die Verständigung darüber, dass sich der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren; hierfür ist der Mieter wiederum verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten. Bei der Pacht, die der Miete angelehnt ist, tritt dem Mietpreis grundsätzlich noch das Ziehen von Früchten i.S.v. § 99 BGB [Bürgerliches Gesetzbuch] hinzu. Das Pachtrechtgreift demnach nicht nur im Rahmen der Landwirtschaft (sogenannte Landpacht), sondern beispielsweise auch im Gastronomiebereich. Im Miet- und Pachtrecht kann freilich auch das Maklerrecht eine Rolle spielen, zumindest wenn ein Makler als Vermittler beauftragt wurde.
Das Wohnungseigentumsrecht betrifft demgegenüber – dem Namen nach – allein das Wohnungseigentum. Mit diesem Sondereigentum wird das Eigentum an einer einzelnen Wohnung benannt. Es geht hierbei somit allein um die Verhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander.
Das Miet- und Wohnungseigentumsrecht umfasst untergeordnet auch das Nachbarrecht, welches immer dann zum Tragen kommen, wenn Nachbarn sich streiten, sei es wegen dem Grillen oder Rauchen auf dem Balkon oder wegen des erhöhten Geräuschpegels aus der Wohnung des Nachbarn.
Ferner ist das Grundstücks- und Immobilienrecht ein Teilrechtsgebiet, sowohl des Miet- und Wohnungseigentumsrechts als auch des Bau- und Architektenrechts. Aufgrund seiner eigenen Komplexität erfährt dieses (Teil)Rechtsgebiet oftmals eine eigenständige Bedeutung.
Typische Rechtsstreitigkeiten im Bereich Miet- und Wohnungseigentumsrecht betreffen vor allem die Betriebskosten (Nebenkosten), Kleinreparaturen, Mietsachmängel, Sanierungen und Modernisierungen und etwaige damit verbundene Mietminderungen, Mieterhöhungen sowie die ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen, auch wegen des sogenannten Eigenbedarfs. Ein aktuell medial präsentes Thema ist im Übrigen auch die Mietpreisbremse, die derzeit noch in Berlin gilt, aber sowohl beim Berliner Verfassungsgericht als auch beim Bundesverfassungsgericht zur Normenkontrolle liegt [Stand: November 2020].
Die gesetzlichen Grundlagen zum Miet- und Pachtrecht finden sich insbesondere im zweiten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB], konkret in den §§ 535 ff. BGB beziehungsweise in den §§ 585 ff. BGB. Dazu treten, zumindest bei Mietverhältnissen über Wohnraum, die Betriebskostenverordnung und die Heizkostenverordnung. Die gesetzlichen Grundlagen zum Wohnungseigentumsrecht finden sich hingegen maßgeblich im Wohnungseigentumsgesetz [WEG], welches nunmehr reformiert wurde und ab dem 01.12.2020 in seiner neuen Fassung gelten soll.
Es gilt zu beachten, dass das Amtsgericht ausschließlich für solche Rechtsstreitigen sachlich zuständig ist, die Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum zum Gegenstand haben beziehungsweise, wenn sich die Rechtsstreitigkeit auf den Bestand eines solchen Mietverhältnisses bezieht. Ferner ist das Amtsgericht ausschließlich sachlich zuständig bei Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG. Beide ausschließliche Zuständigkeiten werden von § 23 Nr. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes [GVG] festgelegt.
Welche Karrieremöglichkeiten habe ich im Miet- und Wohnungseigentumsrecht?
Die Einsatzgebiete für Juristen mit guten Kenntnissen im Miet- und Wohnungseigentumsrecht sind mannigfaltig. Im Rahmen der klassischen juristischen Berufe besteht zunächst die Möglichkeit im Staatsdienst eine Karriere als Richter an einem Amtsgericht zu bestreiten. Als Alternative dazu kann sich ein auf Miet- und Wohnungseigentumsrecht versierter Volljurist als (Einzel-)Anwalt selbstständig machen oder eine Anstellung in einer Boutique oder mittelständischen Kanzlei finden – und zwar bundesweit; eine Hochburg besteht hierfür nicht. Es gibt allerdings eine Vielzahl von rein auf Miet- und Wohnungseigentumsrecht spezialisierte Kanzleien. In Großkanzleien spielt vor allem das Mietrecht der Mieter regelmäßig eine allenfalls untergeordnete Rolle.
Eine Alternative zur Selbstständigkeit und der Anstellung in einer Kanzlei bietet der Mieterschutzbund, der seinen Mitgliedern, die allesamt der Seite der Mieter angehören, eine umfassende Hilfestellung in Mietrechtsstreitigkeiten aller Art an.
Schließlich können sich im Miet- und Wohnungseigentumsrecht versierte Juristen als zertifizierte Mediatoren auch ohne erfolgte zweite Juristische Staatsprüfung selbstständig machen und dabei maßgeblich Mediationen in solchen Angelegenheiten anbieten.
Darüber hinaus besteht mit Blick auf das Wohnungseigentumsrecht eine Karrieremöglichkeit als Notar, der im Rahmen dessen vor allem Kaufverträge notariell beurkundet. Je nach Region besteht die Möglichkeit nur als hauptberuflicher Notar tätig zu werden (sogenannte Nur-Notar); in diesem Fall wird ein umfangreiches, nicht rein auf Wohnungseigentumsrecht beschränktes, Angebotsspektrum notwendig sein. In einigen Regionen Deutschlands sind jedoch sogenannte Anwaltsnotare zulässig, also Notare, die zugleich als Rechtsanwalt zugelassen sind. Ein wohnungseigentumsrechtlich versierter Anwalt kann hier also seine Notartätigkeiten ohne weiteres auf den Schwerpunkt „Miet- und Wohnungseigentumsrecht“ beschränken.
Welche besonderen Kenntnisse sollte ich mitbringen?
Das Mietrecht wird in der universitären Ausbildung einiger Bundesländer etwas vernachlässigt, da allenfalls etwaige Grundkenntnisse zum Pflichtstoff gehören. Das Wohnungseigentumsrecht spielt demgegenüber in der universitären Ausbildung nahezu gar keine Rolle. Im juristischen Vorbereitungsdienst spielt beides eine noch geringere Rolle, zumindest wenn nicht die Zivilrechtsstation bei einem insoweit zuständigen Amtsrichter oder die Anwalts- und Wahlstation nicht bei einer insoweit versierten Kanzlei absolviert wurden. Deshalb ist es notwendig sich die entsprechenden Kenntnisse selbst anzueignen, etwa durch einen entsprechenden Schwerpunkt an der Universität oder entsprechenden (freiwilligen) Lehrgängen während des juristischen Vorbereitungsdienstes.
Darüber hinaus bedarf es selbstverständlich auch guter Kenntnisse im allgemeinen Vertragsrecht, auch hinsichtlich der Vertragsgestaltung. Das allgemeine Vertragsrecht ist jedoch wesentlicher Bestandteil der universitären Ausbildung und des Rechtsreferendariats; hinzu kommt, dass die Vertragsgestaltung an sich im juristischen Vorbereitungsdienst in ihrer praktischen Umsetzung intensiv(er) gelehrt wird. Gleiches gilt im Übrigen auch für die notwendigen Kenntnisse im Zivilprozessrecht.
Promotion und / oder LL.M. sind insbesondere in der freien Wirtschaft sehr gerne gesehen.
Kann ich im Rechtsgebiet Miet- und Wohnungseigentumsrecht Fachanwalt werden?
§ 14c der Fachanwaltsordnung [FAO] nennt die Voraussetzungen für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht“. Danach werden besondere Kenntnisse in den folgenden Bereichen verlangt:
- Recht der Wohnraummietverhältnisse;
- Recht der Gewerberaummietverhältnisse;
- Pachtrecht;
- Wohnungseigentumsrecht;
- Maklerrecht;
- Nachbarrecht;
- Grundzüge des Immobilienrechts;
- Miet- und wohnungseigentumsrechtliche Bezüge zum öffentlichen Recht (einschließlich Steuerrecht).
Darüber hinaus sind Kenntnisse über die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung sowie des Vollstreckungsrechts erforderlich.