In dieser Beitragsreihe stellen wir dir die geläufigsten Rechtsgebiete vor und geben dir einen Überblick darüber, welche Karrieremöglichkeiten die einzelnen Felder bieten und welche Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt werden. In diesem Beitrag geht es um Familienrecht.

Allgemeines zum Familienrecht

Das Familienrecht regelt maßgeblich die Rechtsbeziehungen zwischen Familien, das heißt insbesondere zwischen Eheleuten und deren Kindern, also solchen, die durch Ehe, Lebenspartnerschaft, Abstammung und Verwandtschaft begründet werden. Dazu gehören deshalb sowohl das Adoptionsrecht als auch das Scheidungsrecht. Ferner umfasst das Familienrecht auch die außerhalb der Verwandtschaft bestehende gesetzliche Vertretungsbefugnisse, insbesondere in den Fällen der Vormundschaft, Pflegschaft und rechtlichen Betreuung.

Ehe und Familie werden durch Art. 6 des Grundgesetzes [GG] im Wege einer Institutsgarantie besonders verfassungsrechtlich geschützt. Insoweit umfasst das Familienrecht also auch Rechtsbeziehungen zwischen Familien und Staat. Denn Art. 6 GG begründet staatliche Schutzpflichten sowie teilweise auch subjektive Abwehrrechte gegenüber hoheitlichen Eingriffen.

Die gesetzlichen Grundlagen zum Familienrecht finden sich insbesondere im vierten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB], also in den §§ 1297 ff. Im Einführungsgesetz zum BGB, dem EGBGB, finden sich in den Art. 13 ff. überdies Regelungen zum Familienrecht im Rahmen des internationalen Privatrechts.

Nach § 23b des Gerichtsverfassungsgesetzes [GVG] sind die Familiengerichte – als Abteilung des Amtsgerichts – für Entscheidungen in Familiensachen zuständig. Damit gehören sie – ebenso wie die besonderen Betreuungsgerichte – zur ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Verfahren richten sich jedoch nicht nach der Zivilprozessordnung [ZPO], sondern nach dem FamFG, dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Eine Vielzahl der familienrechtlichen Angelegenheiten bedürfen zwingend die Entscheidung des Familiengerichts, insbesondere bei Scheidung, Kindesentzug oder Betreuungsangelegenheiten. Dennoch können verschiedene Ansprüche, etwa solche, die aus einer Scheidung hervorgehen (zum Beispiel Unterhalts- und Umgangsrecht), außergerichtlich geregelt werden, auch durch Mediation.

Welche Karrieremöglichkeiten im Familienrecht habe ich?

Die Einsatzgebiete für Jurist:innen mit guten Kenntnissen im Familienrecht sind mannigfaltig. Im Rahmen der klassischen juristischen Berufe besteht zunächst die Möglichkeit im Staatsdienst eine Karriere als Richter:in an einem Familiengericht zu bestreiten. Als Alternative dazu kann sich ein:e familienrechtlich versierte:r Volljurist:in als (Einzel-)Anwält:in selbstständig machen oder eine Anstellung in einer Boutique oder mittelständischen Kanzlei finden – und zwar bundesweit; eine Hochburg besteht für das Familienrecht nicht. Dabei gibt es auch eine Vielzahl von rein auf Familien- [und Erb]recht spezialisierte Kanzleien. In Großkanzleien spielt das Familienrecht indes regelmäßig eine allenfalls untergeordnete Rolle.

Notar:innen kümmern sich ebenso um familienrechtliche Angelegenheiten, insbesondere um Eheverträge, Vorsorgevollmachten und Erklärungen im Kindschaftsrecht, wie Vaterschaftsanerkennungen oder Unterhaltsverpflichtungen. Je nach Region besteht die Möglichkeit nur als hauptberufliche:r Notar:in tätig zu werden (sog. Nur-Notar:in); in diesem Fall wird ein umfangreiches, nicht rein auf Familienrecht beschränktes, Angebotsspektrum notwendig sein. In einigen Regionen Deutschlands sind jedoch sog. Anwaltsnotar:innen zulässig, also Notar:innen die zugleich als Rechtsanwält:in zugelassen sind. Ein:e familienrechtlich versierte:r Anwält:in kann hier also ihre bzw. seine Notartätigkeiten ohne weiteres auf den familienrechtlichen Schwerpunkt beschränken.

Das Familienrecht bietet aber auch verschiedene nicht klassisch-juristische Tätigkeiten, die auch nur mit der Ersten Juristischen Staatsprüfung möglich sind. Wer etwa eine Karriere aus Überzeugung anstrebt und deshalb in einer Nichtregierungsorganisation (NGO) tätig werden möchte, kann insoweit zwischen den Schwerpunkten Kinderschutz, Frauenrechte oder sogar Väterrechte wählen.

Darüber hinaus ist auch für die Tätigkeit als rechtliche:r Betreuer:in nur der erfolgreiche Abschluss der Ersten Juristischen Staatsprüfung notwendig. Es bedarf hier jedoch einer Bestellung durch das Betreuungsgericht nach vorheriger Eignungsprüfung.

Schließlich können sich familienrechtlich versierte Jurist:innen als zertifizierte Mediator:innen auch ohne erfolgte Zweite Juristische Staatsprüfung selbstständig machen und dabei maßgeblich Mediationen in familienrechtlichen Angelegenheiten anbieten.

Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit familienrechtlich sogar ohne Studium der Rechtswissenschaft tätig zu werden, und zwar mit einer Rechtspflegerausbildung an einer entsprechenden (Fach-)Hochschule. Rechtspfleger:innen übernehmen verschiedene richterliche Tätigkeiten, insbesondere in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, und damit auch in Familiensachen sowie im Betreuungs- und Vormundschaftsrecht.

Welche besonderen Kenntnisse sollte ich mitbringen?

Das Familienrecht wird in der universitären Ausbildung einiger Bundesländer etwas vernachlässigt, da es sich nicht bundesweit um Pflichtstoff handelt. Im juristischen Vorbereitungsdienst spielt es eine noch geringere Rolle, wenn nicht ein entsprechender Schwerpunkt gewählt wurde. Deshalb ist es notwendig sich die entsprechenden Kenntnisse selbst anzueignen.

Darüber hinaus sind vertiefte Kenntnisse des allgemeinen Zivilrechts notwendig, da das Familenrecht im Wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen agiert. Dies gilt auch für die im Familienrecht erforderlichen Vertragsgestaltungen. Zu nennen sind dabei nicht nur der Ehevertrag, sondern auch solche Verträge, die gerade zwischen nicht Verheirateten geschlossen werden. Verträge können ferner bei Trennung beziehungsweise Scheidung notwendig sein, vor allen wenn Regelungen außergerichtlich getroffen werden.

Promotion und / oder LL.M. sind insbesondere in der freien Wirtschaft sehr gerne gesehen.

Schließlich werden auch Kenntnisse in Psychologie als besonders positiv gewertet, zumal familienrechtliche Angelegenheit oftmals emotional sehr geladen sind.

Kann ich im Rechtsgebiet Familienrecht Fachanwalt werden?

§ 12 der Fachanwaltsordnung [FAO] nennt die Voraussetzungen für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwältin bzw. -anwalt für Familienrecht“. Danach werden besondere Kenntnisse in den Bereichen

  • materielles Ehe-, Familien- und Kindschaftsrecht unter Einschluss familienrechtlicher Bezüge zum Erb-, Gesellschafts-, Sozial-, Schuld-, Steuer- und Vollstreckungsrecht und zum öffentlichen Recht, der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und der eingetragenen Lebenspartnerschaft;
  • familienrechtliches Verfahrens- und Kostenrecht;
  • und Internationales Privatrecht im Familienrecht

verlangt.