Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für Nachwuchsjurist:innen
Netzwerken ist eine entscheidende Komponente für den beruflichen Erfolg, besonders in der juristischen Welt. Während es für berufserfahrene Kolleg:innen leicht erscheinen mag, das nächste Karrierelevel durch gezieltes Networking zu erreichen, gilt für viele Berufseinsteiger:innen vor allem eines: Aller Anfang ist schwer.
Besonders zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn sehen viele Jurist:innen den Aufbau eines Netzwerks als zeitraubend oder zweitrangig an, oder fragen sich, ob und wie es ihnen die gewünschten Ergebnisse bringen wird.
Lesen Sie daher in diesem Beitrag, wie Sie fokussiert auf Ihr jeweiliges (Karriere-)Ziel Ihr Networking strategisch angehen, um als Nachwuchsjurist:in im besten Falle über Kontakte die passende Stelle – egal ob Referendariatsplatz, Praktikum oder erster Job – zu bekommen, und welche typischen Fehler Sie dabei besser vermeiden.
Häufige Stolperfallen für Berufseinsteiger:innen
Viele Nachwuchsjurist:innen gehen den Netzwerkaufbau oft zurückhaltend oder mit angezogener Handbremse an. Diese zögerliche Herangehensweise kann schnell ineffizient und frustrierend sein und bringt nicht den erhofften Karriere-Vorteil. Gerade in der juristischen Branche, wo Beziehungen und Empfehlungen entscheidend sein können, ist ein proaktives, auf ein Ziel fokussiertes und strategisch angegangenes Netzwerken ein wichtiger Schritt auf dem Karriereweg.
Berufseinsteiger:innen machen beim Networking regelmäßig Fehler, die ihre Chancen auf wertvolle Kontakte verringern. Drei besonders verbreitete Fehler sind:
Fehler 1: Sie haben keinen Fokus aufs Networking
Statt sich darauf zu konzentrieren, relevante Beziehungen zu knüpfen, geben viele Nachwuchsjurist:innen ihrem Perfektionsanspruch nach und verlieren sich im Aufbau und der Optimierung von Kompetenzen, Abschlüssen oder Praktika usw.
Sie denken, dass sie erst eine entsprechende Expertise (durch die jeweiligen Abschlüsse, eine Promotion oder später einen Fachanwaltstitel) ebenso wie zahlreiche praktische Erfahrungen vorweisen müssen, bevor sie Kontakte knüpfen und sich im Netzwerk – egal ob digital oder analog – präsentieren können.
Perfekt ist bekanntlich zu spät. Es geht vielmehr darum, den Weg in die „Expert:innenliga“ dafür zu nutzen, immer wieder neue Kontakte zu knüpfen und bestehende zu vertiefen.
Fehler 2: Sie verschwenden Ihre Zeit
Viel Zeit wird ins Networking verschwendet, wenn Sie sich vorab keine Gedanken darüber machen, was Sie mit dem Netzwerken und damit durch Ihre Kontakte erreichen wollen.
Wenn Sie ins Networking starten, ohne sich Gedanken über mögliche Ziele und gewünschte Ergebnisse zu machen, wird Ihr Zeitinvest in Netzwerkveranstaltungen oder auch soziale Netzwerke wie bspw. LinkedIn Ihnen nicht die geplanten Ergebnisse und relevanten Kontakte einbringen.
Fehler 3: Sie haben keine Strategie
Ohne eine klare Strategie zur Umsetzung Ihrer jeweiligen (Karriere-)Ziele wird Networking schnell ineffektiv.
Denken Sie daher nicht nur über mögliche Ziele nach, die Sie mit bzw. durch Networking erreichen wollen, sondern auch darüber, wie Sie diese Schritt für Schritt angehen. Denn dann können Sie proaktiv gezielt die entsprechenden Kontakte knüpfen oder vertiefen, statt darauf zu warten, dass andere auf Sie zukommen.
In 7 Schritten zum Networking-Erfolg
Um erfolgreich zu netzwerken, ist es entscheidend, eine klare Strategie zu entwickeln und sich nicht auf die falschen Dinge zu konzentrieren. Statt sich nur auf die Leistung zu fokussieren, sollten Sie fortlaufend an der Positionierung Ihrer sich stetig entwickelnden Expertise arbeiten.
Das kontinuierliche Einbringen Ihrer Kompetenzen, Ihres Wissens, Ihrer persönlichen Stärken und praktischen Erfahrungen in Ihr Netzwerk sollte nicht als ein zusätzlicher Aufwand oder lästiges Muss verstanden werden, sondern Ihnen mit der Zeit immer mehr in „Fleisch und Blut“ übergehen. Denn nur dann wird Ihnen immer häufiger über Ihre Kontakte Ihr guter Ruf vorauseilen.
Nicht umsonst lautet die wichtigste Regel beim Networking: „Erst geben und dann nehmen“. Wenn Sie diese verinnerlichen, werden Sie im Laufe der Zeit wie viele andere auch sagen können:
„Ohne mein Netzwerk wäre nichts von dem, was ich heute tue oder wie ich als Expert:in und Persönlichkeit wahrgenommen werde, möglich geworden.“
Der folgende, in der Grafik dargestellte und in den weiteren Abschnitten erläuterte, siebenstufige Ansatz unterstützt Sie dabei, gemeinsam mit den Menschen aus Ihrem Netzwerk Ihr nächstes Karriereziel schneller anzugehen und mit Erfolg zu erreichen. Denn wie heißt es so schön: Netzwerken Sie nicht irgendwie, sondern (egal ob intern oder extern, digital oder analog) mit Strategie!

Schritt 1: Welches Ziel wollen Sie mit bzw. durch Networking erreichen?
Bevor Sie mit dem Netzwerken beginnen, sollten Sie sich Ihre Ziele setzen, die Sie mit bzw. durch Ihr Netzwerk erreichen wollen. Überlegen Sie sich daher im besten Fall zuerst, was Sie erreichen wollen.
Wollen Sie sich beruflich verändern oder praktische Erfahrungen sammeln? Was ist Ihr nächster beruflicher Schritt, bei dem Sie sich von anderen unterstützen lassen wollen? Mit wem wollen Sie sich austauschen? Mit wem sollten Sie sich demzufolge erstmalig verknüpfen oder erneut verabreden?
TIPP: Formulieren Sie Ihre Networking-Ziele nach der SMART-Methode.
SMART ist eine Abkürzung, die Sie dabei unterstützt, klar definierte, überprüfbare, motivierende und erreichbare Ziele zu setzen und diese auch in einem bestimmten Zeitrahmen anzugehen:
- Spezifisch: Stellen Sie sicher, dass Sie Ihr jeweiliges Vorhaben nicht nur vage, sondern so konkret wie möglich formulieren.
- Messbar: Machen Sie Ihre Ziele objektiv messbar und damit bezifferbar. Dies hilft Ihnen, zu einem späteren Zeitpunkt den Erfolg (oder Misserfolg) entsprechend zu bewerten.
- Attraktiv: Ihre Ziele sollten machbar sein und gleichzeitig motivieren. Sorgen Sie also dafür, dass Ihr Vorhaben ehrgeizig und damit attraktiv, aber zugleich auch noch erreichbar ist.
- Realistisch: Es sollte eine reelle Chance bestehen, das einzelne Ziel auch zu erreichen. Vermeiden Sie daher realitätsferne Ziele.
- Terminiert: Terminieren Sie Ihre Ziele, indem Sie für jedes Vorhaben einen festen Zeitrahmen bestimmen.

Schritt 2: Positionieren Sie sich mit Ihrer Expertise, Ihren praktischen Erfahrungen und als Persönlichkeit
Sie haben Ihr Networking-Ziel definiert? Dann ist jetzt der Zeitpunkt, sich bewusst zu machen, wer Sie sind und wofür Sie stehen (wollen).
Wie und zu welchen (nicht nur rechtlichen) Themen wollen Sie von anderen zunächst wahrgenommen und später auch weiterempfohlen werden? Was zeichnet Sie als Persönlichkeit aus?
Je spezifischer Sie Ihr Wissen, Ihre Praxiserfahrung sowie individuellen Qualitäten gegenüber anderen positionieren, umso klarer wird das Bild Ihrer Personal Brand, welches andere von Ihnen bekommen (sollen).
Schritt 3: Wen wollen Sie ansprechen und was können Sie diesen Personen bieten?
Überlegen Sie sich, wen Sie ansprechen wollen und welchen Mehrwert Sie diesen (mitunter auch nur potenziellen) Kontakten bieten können.
Für Nachwuchsjurist:innen lässt sich diese Frage nicht so leicht beantworten. Schließlich stehen Sie erst am Anfang Ihrer Karriere und verfügen gefühlt noch nicht über die entsprechende Expertise oder interessanten Kontakte.
Doch darum geht es nicht allein. Wichtig ist vielmehr, dass Sie sich darüber klar werden, mit welchen Fähigkeiten, persönlichen Stärken, praktischen Erfahrungen, konkreten Wissen oder auch zeitlichen Engagement Sie die betreffenden Personen oder Personengruppen unterstützen wollen.
Schritt 4: Schreiben Sie sich einen mentalen Einkaufszettel
Erst wenn Sie wissen, was Sie anderen Gutes tun können, sollten Sie darüber nachdenken, wie und womit Ihnen Ihr Netzwerk oder auch einzelne Kontakte helfen können.
Welche Kontaktpunkte, Weiterempfehlungen oder auch Fähigkeiten bzw. konkreten Dienstleistungen usw. benötigen Sie aktuell, um Ihr in Schritt 1 definiertes Ziel mit Ihrem bzw. durch Ihr Netzwerk zu erreichen.
Schritt 5: Machen Sie eine Bestandsaufnahme Ihrer Kontakte
Absolut entscheidend für Ihren beruflichen und persönlichen Erfolg sind – neben einer klaren Positionierung als Expert:in und proaktivem Selbstmarketing – strategisches Networking mit den richtigen Kontakten. Dafür müssen Sie wissen, was Sie zu bieten haben und womit andere Sie unterstützen können.
Zunächst sollten Sie Ihr bereits bestehendes Netzwerk analysieren und feststellen, welchen bereits vorhandenen Kontakten Sie etwas anbieten können oder wer von denen Ihnen bei Ihren Herausforderungen weiterhelfen kann.
Wenn Sie wissen, wen Sie bereits im Netzwerk haben, können Sie leichter formulieren, welche Personen oder Kompetenzen Ihnen noch fehlen.
Schritt 6: Bauen Sie bereits bestehende Kontakte weiter aus und knüpfen Sie neue
Nutzen Sie verschiedene Wege zum Aufbau bzw. Ausbau Ihres Netzwerks.
Fokussieren Sie sich zunächst auf sog. warme Kontakte, d. h. Menschen, mit denen Sie bereits digital oder analog verbunden sind. Sprechen Sie diese mit Fokus auf Ihr Ziel proaktiv erneut an.
Haben Sie bei der Vertiefung immer wieder die oben angesprochene goldene Networking-Regel vom „Geben“ im Blick. Überlegen Sie daher zuerst, wie Sie andere unterstützen können, bevor Sie selbst nach deren Support fragen.
Nutzen Sie bereits bestehende Kontakte als Türöffner:innen. Bitten Sie diese, Ihnen Zutritt zu ihrem Netzwerk zu ermöglichen, indem diese Ihnen einzelne Kontakte weiterempfehlen, Sie auf Netzwerkveranstaltungen mitnehmen und ausgewählten Personen vorstellen oder Sie in ihrem Kreis weiterempfehlen.
Sofern Sie nicht oder auch nicht schnell genug über Ihr Netzwerk weiterkommen, werden Sie selbst aktiv. Sprechen Sie die Personen auf Networking-Veranstaltungen, Fachkongressen, Seminaren oder auch über eine Vernetzungsanfrage auf LinkedIn mit dem Ziel des Erstkontakts an, die Ihnen für die Umsetzung Ihrer Ziele noch fehlen.
Machen Sie sich eines bewusst: Um langfristig Qualität sowie Quantität in Ihr Netzwerk zu bringen, sollten Sie wöchentlich fünf neue Kontakte knüpfen und einen bestehenden vertiefen.
Schritt 7: Entwickeln Sie Networking-Routinen
Networking ist ein Marathon, kein Sprint. Es erfordert Kontinuität und Engagement.
Bleiben Sie aktiv dran und finden Sie für sich Routinen, um regelmäßig am Auf- und Ausbau Ihres Netzwerks zu arbeiten.
Die Minimalformel für strategisches Netzwerken lautet: täglich eine halbe Stunde für virtuelles Networking via LinkedIn (bzw. anderer Plattformen), ein Telefonat oder auch ein kurzes Gespräch unter Kolleg:innen auf dem Flur bzw. im Nachgang eines Online-Meetings sowie einmal pro Woche einen längeren persönlichen Austausch beim gemeinsamen Mittagessen, digitalen Kaffee oder durch den gemeinsamen Besuch von Events.
Sie wollen direkt ins Tun kommen?
Nehmen Sie daher Ihren Kalender direkt zur Hand. Reservieren Sie sich mindestens für die nächsten 4 Wochen das eben genannte Zeitfenster von 30 Minuten pro Tag fürs Networking. Machen Sie darüber hinaus für jede Woche mindestens ein längeres, persönliches Treffen mit ausgewählten bereits bestehenden Kontakten aus, indem Sie sich mit dieser Person bspw. zum gemeinsamen Lunch verabreden.
Denn Kontakte schaden bekanntlich nur der Person, die keine oder nicht die richtigen hat.
Über die Autorin:
Die Anwältin Dr. Anja Schäfer ist Expertin für Networking & Female Leadership in Kanzleien und Host vom „Juristinnen machen Karriere!“- Podcast. Als Karrierementorin unterstützt sie exklusiv Jurist:innen in puncto Personal Branding, Netzwerkaufbau und Sichtbarkeit als Expert:in sowie zur strategischen Ausrichtung bei beruflicher Neu- oder Umorientierung. Über diese Themen spricht sie in ihrem „Juristinnen machen Karriere!“- Podcast sowie bei den von ihr veranstalteten Networking-Formaten, die sie deutschlandweit vor Ort sowie regelmäßig auch digital anbietet. Mehr Informationen zu ihren Events: https://anja-schaefer.eu/events.
Rechtsanwältin Dr. Anja Schäfer hat für JurCase Jobs bereits eine Vielzahl interessanter und informativer Beiträge zu den Themen Networking und Personal Branding verfasst. Diese und eine Übersicht ihrer Events findest du hier.