In dieser Beitragsreihe stellen wir dir die geläufigsten Rechtsgebiete vor und geben dir einen Überblick darüber, welche Karrieremöglichkeiten die einzelnen Felder bieten und welche Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt werden. In diesem Beitrag geht es um Verkehrsrecht.

Allgemeines

Das Verkehrsrecht umfasst sämtliche rechtliche Regelungen, die im Zusammenhang mit dem Verkehr stehen. Verkehr meint dabei die Ortsveränderung von Personen und Gütern. Es beschränkt sich daher nicht nur auf das Führen von Kraftfahrzeugen [Kfz], sondern betrifft etwa auch Fußgänger, Fahrradfahrer und nunmehr auch Führer von den sogenannten E-Scootern. Zum besonderen Verkehrsrecht gehören etwa das Straßen- und Wegerecht, das Luftfahrtrecht, das Eisenbahnrecht sowie das Recht der Wasserstraßen.

Das Verkehrsrecht setzt sich aus verschiedenen Rechtsgebieten zusammen und ist insoweit interdisziplinär. So beschäftigt sich das Verkehrszivilrecht etwa mit Haftungsfragen, also mit Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen nach einem Verkehrsunfall. In Bezug hierauf spielt auch das Versicherungsrecht eine wesentliche Rolle, vor allem mit Blick auf Haftpflichtversicherung, Teilkasko- oder Vollkaskoversicherung. Ferner gehört zum Verkehrszivilrecht das einschlägige Vertragsrecht (zum Beispiel beim Autokauf oder Leasing). Daneben sind das Verkehrsstrafrecht und das Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht Teilgebiete des Verkehrsrechts. Verkehrsstraftaten sind etwa der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr oder die Gefährdung des Straßenverkehrs sowie das unerlaubte Entfernen vom Unfallort. Als strafrechtliche Folge kommen hier nicht nur die Geld- oder auch Freiheitsstrafe in Betracht, sondern grundsätzlich auch ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis. Verkehrsordnungswidrigkeiten betreffen demgegenüber in aller Regel Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstöße sowie Alkohol am Steuer. Die rechtliche Folge sind hierbei Bußgeldbescheide, gegebenenfalls mit Fahrverbot oder Eintragung in das Flensburger Fahreignungsregister [FAER].

Bei den eben genannten Verstößen handelt es sich, obwohl sie teilweise eine strafrechtliche und teilweise eine ordnungsrechtliche Relevanz haben, um schwerwiegende Verstöße (sogenannte A-Verstöße). Bei weniger schwerwiegenden Verstößen (den sogenannten B-Verstößen) handelt es sich grundsätzlich um Ordnungswidrigkeiten. Zu nennen sind hier etwa das Fahren mit abgefahrenen Reifen, die Überziehung des Termins zur Sicherheitsuntersuchung, die mangelhafte Sicherung einer Ladung oder die Missachtung der Winterreifenpflicht. Schließlich gehört auch das Verkehrsverwaltungsrecht zum Verkehrsrecht, soweit dieses ohnehin nicht bereits vom Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht – als besonders ausgestaltetes, dem Strafrecht weitgehend nachgebildetes, Verwaltungsrecht. Die Verkehrsverwaltung befasst sich hauptsächlich mit der Erteilung und Entziehung der Fahrerlaubnis, Fahrtenbuchauflagen und Abschleppmaßnahmen.

Die gesetzlichen Grundlagen des Verkehrsrechts finden sich demnach in verschiedenen Gesetzen, insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch [BGB], im Straßenverkehrsgesetz [StVG], in der Straßenverkehrsordnung [StVO], in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung [StVZO], in der Fahrzeugzulassungsverordnung [FZV], in der Fahrerlaubnisverordnung [FeV], im Verwarnungsgeld- und Bußgeldkatalog sowie im Strafgesetzbuch [StGB].

Welche Karrieremöglichkeiten habe ich?

Die Einsatzgebiete für Jurist:innen mit guten Kenntnissen im Verkehrsrecht sind zwar vergleichsweise begrenzt, solche Jurist:innen sind jedoch sehr begehrt.

Ein:e verkehrsrechtlich versierte:r Volljurist:in kann sich zunächst als (Einzel-)Anwält:in selbstständig machen oder eine Anstellung in einer Boutique oder mittelständischen Kanzlei finden. Zum Teil gibt es sogar auf das Verkehrsrecht spezialisierte Kanzleien. Anwaltliche Karrieremöglichkeiten bestehen hier bundesweit; eine Hochburg besteht für das Verkehrsrecht grundsätzlich nicht.

Welche besonderen Kenntnisse sollte ich mit mir bringen?

Das Verkehrsrecht spielt in der universitären Ausbildung in seiner Gesamtheit keine Rolle, ein Großteil der einzelnen Teilgebiete sind hingegen Pflichtstoff. Dies gilt insbesondere für das Verkehrszivilrecht sowie für das Verkehrsstrafrecht. Das Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht sowie das Verkehrsverwaltungsrecht spielen hingegen an der Universität eine eher untergeordnete Rolle. Im juristischen Vorbereitungsdienst wird auf das vorhandene Wissen in aller Regel zurückgegriffen, zum Teil auch ausgebaut, abhängig von den Stationen. Gleiches gilt nunmehr auch für das Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht und das Verkehrsverwaltungsrecht. Kenntnisse zu den verbleibenden offenen Wissenslücken zum Verkehrsrecht sind ansonsten selbst anzueignen.

Neben dem tiefgründigen Wissen in dem jeweiligen materiellen Recht, sind auch vertiefte Kenntnisse zum jeweiligen Verfahrensrecht notwendig, insbesondere also zum Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozessrecht.

Promotion und / oder LL.M. sind ebenso sehr gerne gesehen.

Kann ich in diesem Rechtsgebiet Fachanwalt werden?

§ 14d der Fachanwaltsordnung [FAO] nennt die Voraussetzungen für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwältin bzw. -anwalt für Verkehrsrecht“. Danach werden zunächst besondere Kenntnisse in den folgenden Bereichen verlangt:

  • Verkehrszivilrecht (dabei insbesondere das Verkehrshaftungsrecht und das Verkehrsvertragsrecht);
  • Versicherungsrecht (dabei insbesondere das Recht der Kraftfahrtversicherung, der Kaskoversicherung sowie in Grundzügen der Personenversicherungen);
  • Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht;
  • Verkehrsverwaltungsrecht.

Darüber hinaus sind Kenntnisse über die Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung erforderlich.