In dieser Beitragsreihe stellen wir dir die geläufigsten Rechtsgebiete vor und geben dir einen Überblick darüber, welche Karrieremöglichkeiten die einzelnen Felder bieten und welche Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt werden. In diesem Beitrag geht es um Reiserecht.

Allgemeines zum Reiserecht

Das Reiserecht umfasst sämtliche rechtliche Regelungen, die unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit dem Rechtsverhältnis zwischen Reisenden und Reiseunternehmer stehen. Es handelt sich hiermit mithin um einen Teilbereich des Verbraucherrechts. Einen Teilbereich des Reiserechts bildet wiederum das sogenannte Fluggastrecht, welches in aller Regel bei Flugausfall – egal ob nun wetterbedingt oder durch sonstige Annullierung seitens der Fluggesellschaft – oder Verspätung eines Fluges sowie beim Verlust des Reisegepäcks zur Anwendung kommt.

Im Rahmen des Reiserechts ist stets zwischen Pauschal- und Individualreisen zu unterscheiden. Eine Pauschalreise zeichnet sich dadurch aus, dass die bzw. der Reisende ein Reisepaket abschließt, welches in aller Regel sowohl die An- und Abreise als auch die Übernachtungen mitsamt Verpflegung beinhaltet. Diese Reisepakete, bei denen auch Tagestouren etc. hinzugebucht werden können, werden vom Reiseveranstalter zusammengestellt und schließlich zu einem einheitlichen Gesamtpreis angeboten. Deshalb sind bei Pauschalreisen sämtliche Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter einzufordern. Demgegenüber schließt die bzw. der Reisende bei einer Individualreise selbst die Verträge für die Beförderung und die Unterkunft. Daher sind etwaige Ansprüche bei Individualreisen unmittelbar beim jeweiligen Vertragspartner durchzusetzen, beispielsweise beim Hotel oder bei der Fluggesellschaft. Unabhängig davon, ob es sich um eine Pauschal- oder eine Individualreise handelt, steht der bzw. dem Reisenden bei Mängeln zumindest eine Reisepreisminderung zu; unter Umständen kann sogar ein Schadensersatz geltend gemacht werden, etwa wegen vertaner Urlaubszeit. Diese Ansprüche können freilich gerichtlich geltend gemacht werden. Bei der Geltendmachung von Fluggastrechten kann darüber hinaus auch die Schlichtungsstelle für Fluggastrechte mittels eines Beschwerdeformulars kontaktiert werden. Diese dient mit Blick auf den Verbraucherschutz und der Zufriedenheit der Kund:innen grundsätzlich der außergerichtlichen Einigung zwischen der bzw. dem Passagier:in und dem Verkehrsunternehmen, egal ob Luftverkehr, Bahn, Bus oder Schifffahrt.

Die gesetzlichen Grundlagen des Reiserechts finden sich insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch [BGB], und dort hinsichtlich Pauschalreisen vor allem in den §§ 651a ff. BGB. Daneben umfasst das Reiserecht auch verschiedene europäische Vorschriften (insbesondere (EG) Nr. 261/2004 [EU-Fluggastrechteverordnung]) und internationale Verträge (insbesondere das Übereinkommen von Montreal).

Aktuell

Medial bekannt werden Fälle rund ums Reiserecht aktuell hauptsächlich im Zusammenhang mit COVID19, denn die Krise um den Coronavirus Sars-CoV-2 hat nicht nur Auswirkungen auf den eigenen geplanten Urlaub, sondern auch auf die Hotels und Fluggesellschaften, die aufgrund Stornierungen und Rückerstattungen zunehmend gegen eine drohende Insolvenz ankämpfen müssen.

Welche Karrieremöglichkeiten habe ich im Reiserecht?

Die Einsatzgebiete für Jurist:innen mit guten Kenntnissen im Reiserecht sind zwar vergleichsweise begrenzt, solche Jurist:innen sind jedoch sehr begehrt.

Ein:e reiserechtlich versierte:r Volljurist:in kann sich zunächst als (Einzel-)Anwälte selbstständig machen oder eine Anstellung in einer Boutique oder mittelständischen Kanzlei finden. Zum Teil gibt es sogar auf das Reiserecht spezialisierte Kanzleien. Anwaltliche Karrieremöglichkeiten bestehen hier bundesweit; eine Hochburg besteht allenfalls hinsichtlich des Fluggastrechts in jedem Gebiet mit einem Flughafen. Ferner besteht die Möglichkeit einer Tätigkeit als Syndikusanwält:in in einem der Reiseunternehmen, und zwar in deren Rechtsabteilung.

Daneben besteht die Möglichkeit einer Karriere in der Schlichtungsstelle für Fluggastrechte, also in der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. [SÖP] mit Sitz in Berlin.

Welche besonderen Kenntnisse sollte ich mitbringen?

Das Reiserecht als solches spielt in der universitären Ausbildung keine gesteigerte Rolle, es wird allenfalls als Rahmenthema für tiefergreifende schuldrechtliche Probleme verwendet. Gleiches gilt im juristischen Vorbereitungsdienst. Damit dürften also ausreichend Grundkenntnisse gegeben sein, die aber für den Schwerpunkt „Reiserecht“ sicherlich zu vertiefen sind, etwa durch einen (freiwilligen) Lehrgang während des juristischen Vorbereitungsdienstes (sogenannte Arbeitstagung).

Außerdem sind Promotion und / oder LL.M., insbesondere in der freien Wirtschaft, sehr gerne gesehen.

Kann ich im Rechtsgebiet Reiserecht Fachanwalt werden?

Die Fachanwaltsordnung [FAO] sieht keinen Fachanwalt für das Reiserecht vor.