Und läuft alles nach Plan im Referendariat?

In diesem Interview berichtete Referendarin Jessica Sivapalan im Juli 2021 von ihrem juristischen Vorbereitungsdienst. Was konnte bislang ihre Erwartungen erfüllen oder gar übertreffen und was eher weniger? Wie sieht ihr Arbeitsalltag, auch im Hinblick auf die Pandemie, aus? Und wie bereitet sie sich auf das baldige Zweite Examen vor?

Jesina Sivapalan hat direkt nach ihrem Abitur Rechtswissenschaften in Trier studiert und dort auch ihr Erstes Staatsexamen absolviert. Da sie gebürtig aus dem Ruhrgebiet kommt, hat sie sich dazu entschieden, ihr Referendariat am Landgericht Essen zu absolvieren und ist deshalb vor knapp zwei Jahren nach Essen gezogen. Seit Februar 2021 ist sie auch Schreiberin für die JurCase-Redaktion.

Das Interview

Klingenberg: Frau Sivapalan, Du hast bereits etwas mehr als die Hälfte Deines juristischen Vorbereitungsdienstes absolviert. Bist Du soweit zufrieden mit Deinem Referendariat? Inwieweit wurden Deine Erwartungen erfüllt, inwieweit weicht die Realität von der Vorstellung ab?

Jesina Sivapalan: Ehrlich gesagt bin ich mit der Hoffnung in das Referendariat gegangen, dass die Arbeitsbelastung weniger wird. Man hat im Studium mindestens ein Jahr, wenn nicht sogar noch länger, in die Examensvorbereitung gesteckt und sich selbst massiv unter Druck gesetzt. Deshalb hatte ich die Hoffnung, dass die Atomsphäre in den Arbeitsgemeinschaften etwas lockerer wird und man auch genug Zeit für soziale Kontakte und seine Hobbies hat. Mit der Zeit bin ich natürlich realistischer geworden und habe gemerkt, dass eher das Gegenteil der Fall ist: Gleich in der Anfänger-AG im Zivilrecht wurde man doch mit sehr viel Arbeit überschüttet, zudem haben die Einzelausbilder einem alle zwei Wochen eine neue Akte zur Bearbeitung in die Hand gedrückt. Auch auf Klausuren und Aktenvorträge musste man sich vorbereiten. Dass war doch ganz schön viel Arbeit, und oftmals war ich sehr überfordert. Allerdings ist auch hier gutes Zeitmanagement gefragt; dass ich auch meine Wochenenden in der Bibliothek verbringen musste, musste ich in Kauf nehmen.

Allerdings hatte ich alles in allem sehr kompetente AG-Leiter und Einzelausbilder, insoweit war ich schon zufrieden.

Klingenberg: Welche Station hat Dir bisher am meisten Spaß gemacht?

Jesina Sivapalan: Da mir auch im Studium bereits das Öffentliche Recht am meisten Spaß gemacht hat, hat mir die Verwaltungsstation doch am besten gefallen. Im Referendariat kann man selbst aussuchen, wo man die Verwaltungsstation absolviert, sodass ich mich damals an einer Kunsthochschule beworben habe. Ich hatte mein eigenes Büro und konnte mir meine Arbeitszeiten relativ frei einteilen, sodass ich genug Zeit zur Vorbereitung auf anstehende Klausuren hatte. Und auch das Hochschulprüfungsrecht war spannend. Der einzige Nachteil war, dass dies leider kein klassischer Examensstoff war.

Klingenberg: Aktuell befindest Du Dich in der Anwaltsstation, in der Du Dich maßgeblich mit Beamtenrecht auseinandersetzt. Wie kam es dazu?

Jesina: Wie bereits erwähnt, macht mir das Öffentliche Recht sehr viel Spaß, und gerade auch das Verfassungsrecht. Da ich schon immer politisch aktiv war, hatte ich damals nach einer Kanzlei geschaut, die sich auch mit politischen Inhalten auseinandersetzt. Neben dem Beamtenrecht berät mein Einzelausbilder auch politische Parteien, sodass der Anreiz groß war, mich dort zu bewerben. Zudem ist das Beamtenrecht auch für das Zweite Staatsexamen nicht vollkommen irrelevant, sodass ich mich dann dort bewarb. In meinem Motivationsschreiben damals hatte ich dann auch erwähnt, dass ich seit meinem 16. Lebensjahr parteipolitisch aktiv bin und ich mich für das Öffentliche Recht interessiere, sodass ich auch recht schnell nach einem persönlichen Bewerbungsgespräch in der Kanzlei angenommen wurde.

Klingenberg: Was sind dort Deine Aufgaben und wie sieht Dein Arbeitstag genau aus?

Jesina Sivapalan: Zu Beginn war es noch möglich, dass ich zumindest einmal der Woche in der Kanzlei sein konnte, um dort meine Aufgaben zu bearbeiten. Um 10.00 Uhr musste ich in der Kanzlei sein und um 16.00 Uhr hatte ich Feierabend. Mandantengespräche waren aufgrund der Pandemie nur noch via Zoom möglich bzw. am Telefon. Nach Absprache mit meinem Einzelausbilder durfte ich selbst auch Mandantengespräche führen.  Auch an Gerichtsterminen durfte ich teilnehmen. Eine Vorbereitung auf das Examen war die Tätigkeit jedoch eher weniger, denn vor allem die Rechercheaufgaben zu Vermerken, die ich erstellen sollte, beinhalteten doch sehr spezielles Beamtenrecht sowie teilweise auch verfassungsrechtliche Fragestellungen. Beides wird im Zweiten Staatsexamen so nicht abgefragt. Während des „harten Lockdowns“ wurden mir meine Akten dann via E-Mail zugeschickt. Ich sollte dann entweder Vermerke erstellen oder Schriftsätze entwerfen.

Klingenberg: Das Zweite Staatsexamen steht bei Dir im August dieses Jahrs an. Wann hast Du mit der Examensvorbereitung begonnen?

Jesina Sivapalan: Die Examensvorbereitung sollte ja immer so früh wie möglich beginnen, das heißt im Prinzip schon vor Beginn des Referendariats. Da ich mich dazu entschieden hatte, vor Beginn des Referendariats erst mal eine Pause zu machen und zudem auch noch meinen Umzug planen musste, habe ich während des Referendariats im Rahmen der anstehenden Klausuren „erst“ angefangen, vor allem prozessuale Rechtsgebiete zu lernen. Da ich damals noch den Verbesserungsversuch im Ersten Staatsexamen geschrieben habe, hatte ich das Materielle Recht noch recht gut im Kopf, sodass ich in der Hinsicht nicht allzu viel wiederholen musste. Zu Beginn der Fortgeschrittenen-AGs habe ich mir dann einen Lernplan erstellt. Hilfreich ist es natürlich ehrlich zu sich selbst zu sein und zu analysieren, wo die eigenen Schwächen liegen. Dazu hilft es, sich die geschriebenen Klausuren noch einmal genauer anzusehen und zu schauen, was noch gelernt werden sollte. Strategisch werde ich da eigentlich wie im Studium auch vorgehen: Wiederholen, Klausuren schreiben, Fehler analysieren und immer mal wieder die aktuelle Rechtsprechung lesen.

Klingenberg: Wie sieht Deine Work-Life-Balance aus? Was machst Du in der Freizeit zum Stressabbau bzw. um den Kopf frei zu bekommen?

Jesina Sivapalan: Meine Work-Life Balance ist derzeit (leider) eher eine Work-Work Balance. Da ich aber schon immer ein kreativer Mensch war, male und zeichne ich sehr viel, das hilft mir, um Stress abzubauen. Auch schaue ich, dass ich mich zumindest gelegentlich mit Freunden und Familie treffe, was derzeit allerdings leider nur beschränkt möglich ist. Ich kann allerdings aus eigener Erfahrung jedem raten, sich zumindest einen Tag in der Woche frei zu nehmen und seine Hobbys und soziale Kontakten zu pflegen, da man sonst sehr schnell das Gefühl kriegen kann, vom Referendariat überrollt zu werden.

Klingenberg:  Wo planst Du Deine Wahlstation zu absolvieren?

Jesina Sivapalan: Ich hatte mich eigentlich früh dazu entschieden, meine Wahlstation im Ausland zu absolvieren und hatte auch tatsächlich eine Zusage von der Außenhandelskammer bekommen. Einige meiner Kommilitonen hatten während des Studiums ein bzw. zwei Semester im Ausland verbracht. Da ich es rückblickend bereut habe, mich nicht auch für einen Platz im Ausland beworben zu haben, wollte ich das dann während des Referendariats nachholen. Allerdings hat mir dann die Pandemie einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht, sodass ich mich umorientieren musste und mich für das Ecologic Institut bewarb. Im Studium hatte ich im Schwerpunkt Umweltrecht, sodass das Ecologic Institut perfekt für mich war.

Klingenberg: Was genau ist die Ecologic Institut? Welche Tätigkeiten werden dort von einem Juristen übernommen?

Jesina Sivapalan: Das Ecologic Institut ist ein gemeinnütziges Institut und finanziert sich durch Projekte. Geldgeber sind u. a. die Europäische Kommission und das Umweltbundesamt. Die Juristinnen und Juristen vor Ort verknüpfen Umweltforschung und Umweltpolitik mit rechtlichen Rahmenbedingungen und Rechtssetzung. Ziel ist es, die Gestaltung und Umsetzung von Umweltpolitik und Umweltgovernance zu verbessern und zu schauen, wie sich auf internationaler und nationaler Ebene das Umweltrecht am besten durchsetzen lässt.

Klingenberg: Wie läuft die Bewerbung dafür ab?

Jesina Sivapalan: Ich habe mich samt Lebenslauf und einem Motivationsschreiben beworben und wurde recht schnell zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Da sich das Institut in Berlin befindet, fand das Gespräch via Zoom statt. Dort wurde ich gefragt, wieso ich mich gerade beim Ecologic Institute beworben habe und wie mein Schwerpunktstudium aufgebaut war. Da es sich um ein international aufgestelltes Institut handelt, wurden auch sichere Englischkenntnisse erwartet. Nach einem etwa zwanzigminütigen Gespräch bekam ich einige Tage später eine Zusage, worüber ich mich natürlich sehr freue.

Klingenberg: Was genau fasziniert Dich so am Umweltrecht?

Jesina Sivapalan: Umweltschutz und alle damit verbundenen Themen waren mir schon immer sehr wichtig. Als ich dann hörte, dass es in Trier ein Umweltrechtliches Institut gibt und Umweltrecht als Schwerpunkt im Studium angeboten wird, habe ich mich dazu entschieden Jura zu studieren und eben diesen Schwerpunkt zu wählen. Ich wollte nicht einfach so Jura studieren, sondern schon mit der Intention dahinter, mit dem Abschluss des Studiums etwas bewegen zu können und meinen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Ich hoffe auch sehr, nach Abschluss des Referendariats einen dementsprechenden Beruf zu finden.

Klingenberg: Hast Du einen abschließenden Ratschlag für all diejenigen, die kurz vor dem Referendariat stehen, sei es hinsichtlich der ersten Wochen im juristischen Vorbereitungsdienst, Schwerpunktsfindung oder Wahl der Einzelausbilder?

Jesina Sivapalan: Gönnt euch ruhig mal eine Pause! Das Referendariat ist kein Zuckerschlecken, deshalb ist es wichtig, dass ihr euch zwischen Abschluss des Ersten Examens und Beginn des Referendariats erholt, und neue Kraft tankt. Mit Beginn des Referendariats solltet ihr euch allerdings gleich einen Plan machen, wie ihr den Stoff wiederholen könnt und euch Gedanken machen, wo ihr eure Stationen absolvieren möchtet und ob für euch eine Station im Ausland in Betracht kommt. Holt euch dabei ruhig Rat bei euren Freunden, die das Referendariat schon hinter sich gebracht haben.

Das Referendariat hat es in sich, aber seid euch bewusst, dass ihr das Erste Examen erfolgreich hinter euch gebracht habt und auch diese Herausforderung meistern könnt!

Viel Erfolg!

Vielen Dank für das Interview!