Am 01.08.2022 ist eine umfassende Reform der Bundesrechtsanwaltsordnung [BRAO] in Kraft getreten, die zudem Änderungen an einigen Vorschriften der Berufsordnung für Rechtsanwälte [BORA] beinhaltete.
Für frische Volljurist:innen bzw. Rechtsanwält:innen ist der neueingeführte § 43f BRAO eine zentrale Norm, da nunmehr nachweisbare Kenntnisse im Berufsrecht verlangt werden. Diese sind innerhalb des ersten Jahres nach erstmaliger Zulassung zur Rechtsanwaltschaft durch die Teilnahme an einer Lehrveranstaltung über das rechtsanwaltliche Berufsrecht nachzuweisen.
Worum geht es konkret beim anwaltlichen Berufsrecht?
Das anwaltliche Berufsrecht umfasst sämtliche Rechtsvorschriften, die den Zugang zum Rechtsmarkt und / oder den Zugang zum Anwaltsberuf und dessen Ausübung zum Inhalt haben, vor allem
- das Rechtsdienstleistungsgesetz [RDG], welches den Begriff der Rechtsdienstleistung und den Zugang zum Rechtsmarkt als Rechtsdienstleister:in regelt;
- die Bundesrechtsanwaltsordnung [BRAO], welche den Zugang und die Ausübung des Anwaltsberufs regelt;
- die Berufsordnung für Rechtsanwälte [BORA], welche als Satzung von der Satzungsversammlung der Rechtsanwält:innen erlassen wurde und die Berufsausübung von Rechtsanwält:innen, die BRAO ergänzend regelt;
- die Fachanwaltsordnung [FAO], welche als Satzung die die Voraussetzungen zur Erlangung von Fachanwaltsbezeichnungen regelt;
- das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz [RVG], welches die Vergütung von Rechtsanwält:innen regelt;
- das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland [EuRAG].
Beim anwaltlichen Berufsrecht geht es mithin vor allem um die Verpflichtungen der Rechtsanwält:innen gegenüber deren Mandant:innen, insbesondere die Pflicht zur unabhängigen Vertretung und zur Verschwiegenheit, die Anforderungen an die Berufsausübung und das Verhalten der Anwält:innen in der Öffentlichkeit, und damit auch der Umgang mit Gerichten und anderen Rechtsanwält:innen.
Rechtsanwält:innen müssen sich an hohe ethische Standards halten und dürfen keine unangemessenen oder unprofessionellen Handlungen ausführen, die das Ansehen des Berufsstandes beeinträchtigen könnten.
Welche wichtigen Änderungen sind mit der BRAO-Reform in Kraft getreten?
Mit der sog. BRAO-Reform wurden zahlreiche Anpassungen im anwaltlichen Berufsrecht vorgenommen. Zu den wohl wichtigsten Änderungen gehören
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- die nun ausführlichen Regelungen zur Interessenkollision (vgl. § 43a Abs. 4 bis 6 BRAO);
- die Liberalisierung der Bürogemeinschaft, die nach § 59q BRAO nun mit jeglichen Berufen geschlossen werden kann, soweit sie mit dem Anwaltsberuf vereinbar sind;
- die Neueinführung von Berufsausübungsgesellschaften [kurz: BAG], die von Rechtsanwält:innen, Patentanwält:innen, Vertreter:innen der Steuerberufe und sonstige Angehörige aus den freien Berufen geschlossen werden können
- die angepasste Pflicht einer Berufshaftpflichtversicherung für solche Berufsausübungsgesellschaft (vgl. § 59n Abs. 2 BRAO; bisher war die Absicherung einer Sozietät optional);
- zudem wird das besondere elektronische Anwaltspostfach [beA] für zugelassene BAG verpflichtend;
- Erweiterungen von Tätigkeitsverboten bei nichtanwaltlicher Vorbefassung;
- Erweiterungen der Regelungen von Syndikusrechtsanwält:innen;
- sowie die Nachweispflicht von Kenntnissen im Berufsrecht gemäß § 43f BRAO.
Nach § 43f Abs. 1 S. 1 BRAO hat ein Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin innerhalb des ersten Jahres nach erstmaliger Zulassung zur Rechtsanwaltschaft an einer Lehrveranstaltung über das rechtsanwaltliche Berufsrecht teilzunehmen. § 43f Abs. 2 BRAO konkretisiert, dass diese Pflicht nicht solche Rechtsanwält:innen trifft, die bereits vor dem 01.08.2022 erstmalig zugelassen wurden. Diese Pflicht entfällt zudem, wenn nachgewiesen werden kann, dass innerhalb von sieben Jahren vor erstmaliger Zulassung zur Rechtsanwaltschaft an einer Lehrveranstaltung nach Absatz 1 teilgenommen wurde.
Nach § 43f Abs. 1 S. 2 BRAO muss die Lehrveranstaltung über das rechtsanwaltliche Berufsrecht mindestens zehn Zeitstunden dauern und die wesentlichen Bereiche des anwaltlichen Berufsrechts umfassen. Dies betrifft nicht nur die Neuerungen, sondern auch die bestehenden Regelungen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Anwaltssenats des BGH und der Anwaltsgerichtshöfe der Länder sowie der Anwaltsgerichte. Inhaltlich müssen somit sämtliche wesentliche Bereiche des anwaltlichen Berufsrechts abgedeckt werden.
Eine solche Lehrveranstaltung kann auch im Rahmen eines Webinars wahrgenommen werden.
Welche Förderungsmöglichkeiten gibt es?
In der Bundesrepublik Deutschland unterstützt die Regierung, oft in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) der EU, die Fortbildung von Angestellt:innen und selbstständigen Unternehmer:innen. Die Art und Höhe der Förderung variiert von Bundesland zu Bundesland, wie die folgende Kurzübersicht zeigt:
Baden-Württemberg | grds. ESF-Förderungen; derzeit jedoch keine Förderungen. |
Bayern | Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten, jedoch sind diese nicht einschlägig. |
Berlin | Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten, jedoch sind diese nicht einschlägig. |
Brandenburg | Förderung durch die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) i.H.v. bis zu 50 %, wobei der Zuschuss pro Antrag mindestens 1.000 € betragen und auf max. 3.000 € begrenzt ist. |
Bremen | Förderung durch Bildungszentrum der Wirtschaft im Unterwesergebiet e.V. (BWU) in Form einer Bildungsprämie (Gutschein) zur Ermäßigung der Kurs- oder Prüfungsgebühr um 50%, auf max. € 500 begrenzt. |
Hamburg | Förderung durch den Hamburger Weiterbildungsbonus i.H.v. 50 bis 100 %, wobei eine 50% -Förderung auf max. 750 € begrenzt ist. |
Hessen | Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten, jedoch sind diese nicht einschlägig. |
Mecklenburg-Vorpommern | Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten, jedoch sind diese nicht einschlägig. |
Niedersachsen | Förderung durch die NBank i.H. eines Zuschusses von bis zu 50 %, bei Kosten von mindestens 1.000 Euro (Reisen, Unterkunft und Verpflegung ausgeschlossen). Diese Förderung gilt nur für angestellte Rechtsanwält:innen (Selbstständige sind hier demnach ausgeschlossen). |
Nordrhein-Westfalen | Förderung durch den sog. Bildungsscheck i.H.v. 50 % von Kurs- und Prüfungsgebühren, wobei diese Förderung auf max. 500 € begrenzt ist. |
Rheinland-Pfalz | Förderung durch den sog. QualiScheck i.H.v. 50 % der Kurskosten, wobei diese Förderung auf max. 1.500 € begrenzt ist. |
Saarland | Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten, jedoch sind diese nicht einschlägig. |
Sachsen | Förderung der Weiterbildung durch die Sächsische Aufbaubank – Förderbank – grds. i.H.v. 50 %, wobei die Gesamtkosten der Weiterbildung mind. 1.000 € betragen müssen. |
Sachsen-Anhalt | Förderung mittels Weiterbildung direkt durch die Investitionsbank Sachsen-Anhalt, wobei die Zuschüsse einkommensabhängig sind. |
Schleswig-Holstein | Förderung mittels Weiterbildungsbonus Pro durch die Investitionsbank Schleswig-Holstein, wobei die Zuschüsse einkommensabhängig sind. |
Thüringen | Förderung mittels Weiterbildungsscheck der GFAW-Thüringen i.H.v. bis zu 1.000 €. |
[Stand: März 2023]
Grundsätzlich können persönliche Ausgaben für berufliche Ausbildung und Fortbildung und auch die angefallenen Nebenkosten (Fahrt, Unterkunft usw.) steuerlich geltend gemacht werden. Diese sollten sachgemäß begründet sein.
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