Wie verändert Legal Tech den Anwaltsberuf? Welche Kompetenzen sind im digitalen Rechtsmarkt wirklich gefragt? Und wie gelingt der Einstieg in eine Kanzlei, die Technologie und juristische Arbeit neu denkt? Im Interview stellt sich Marco Klock, Mitgründer der Legal Tech-Kanzlei rightmart, den Fragen unseres Redaktionsleiters, Rechtsassessor Sebastian M. Klingenberg. Mit Einblicken in die Praxis von Massenverfahren, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und die Vision eines gerechteren Zugangs zum Recht liefert er wertvolle Impulse – besonders für junge Juristinnen und Juristen, die sich am Beginn ihres beruflichen Weges orientieren.
Ein Gespräch über digitale Kompetenzen, neue Berufsbilder – und die Frage, warum es heute mehr denn je auch auf unternehmerisches Denken in der Juristerei ankommt.
Kurzvorstellung von Marco Klock
Marco Klock, 37, lebt in Bremen und ist CEO sowie Mitgründer der rightmart Group.
Ihn faszinieren Unternehmen – nicht nur als wirtschaftliche Konstrukte, sondern als Orte für Wirkung und Verantwortung. Er liest leidenschaftlich gern, insbesondere zu den Themen Unternehmertum, Strategie, Finanzen, Geschichte, Philosophie und Politik.
Bevor er rightmart gründete, war Marco mehrere Jahre professioneller Pokerspieler – eine Erfahrung, die seine analytische Denkweise und sein Verständnis für Strategie und Risiko bis heute prägt.
Neben seiner Arbeit im Legal Tech-Bereich ist er auch anderweitig unternehmerisch aktiv: Gemeinsam mit u. a. dem Fußballprofi Amos Pieper hat er kürzlich ein Fitnessstudio in Bremen eröffnet.
Kurzvorstellung von rightmart
rightmart ist Deutschlands größte Legal Tech-Gruppe für Verbraucherrecht.
Unter dem Dach der rightmart Group agieren neben der rightmart GmbH zahlreiche Partnerkanzleien, die als rightmart Rechtsanwaltsgesellschaften firmieren. Diese Kanzleien und ihre Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beraten und vertreten jährlich über eine Million Verbraucher:innen – gegenüber Behörden, Unternehmen und Einzelpersonen, in nahezu allen relevanten Bereichen des Verbraucherrechts.
Die rightmart GmbH übernimmt zentrale Aufgaben innerhalb der Gruppe: Sie verantwortet die Vermarktung der Dienstleistungen, entwickelt die Legal Tech-Plattform und stellt die technische wie organisatorische Infrastruktur für die Partnerkanzleien bereit. Ziel ist es, Rechtsdurchsetzung radikal zugänglicher, digitaler und fairer zu gestalten – online, skalierbar und auf Augenhöhe.
Mit über 600 Mitarbeitenden, darunter rund 60 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, ist die rightmart Group nicht nur das führende Legal Tech-Unternehmen im deutschen Rechtsmarkt, sondern auch die Plattform für eine der größten Verbraucherrechtskanzleien Deutschlands. Neben der Hauptmarke rightmart betreibt die Gruppe weitere spezialisierte Brands in unterschiedlichen Rechtsgebieten.
Die Standorte der Gruppe verteilen sich auf Bremen (Hauptsitz), Berlin, Cottbus und Verden.
Das Leistungsangebot deckt das gesamte Spektrum des Verbraucherrechts ab – darunter Arbeitsrecht, Mietrecht, Sozialrecht, Verkehrsrecht, Ausländerrecht und Reiserecht. Über 40 spezialisierte Online-Plattformen und Marken bündeln diese Angebote digital. Monatlich verzeichnen die Webpräsenzen der Gruppe über 6 Millionen Besucher:innen.
Die Mission der rightmart Group: Ein Rechtsmarkt, der gerecht ist – und allen zugänglich.
Interview
Zum Einstieg des Interviews möchte ich Sie bitten, zunächst den Begriff Legal Tech erläutern. Was genau verstehen Sie unter einer „Legal Tech-Kanzlei“ und worin sehen Sie die wesentlichen Unterschiede zu traditionellen Rechtsdienstleistungen?
Marco Klock: Für uns steht Legal Tech für mehr als nur Software im Rechtsbereich. Es geht um die Idee, Rechtsdienstleistungen so zu gestalten, dass sie für möglichst viele Menschen zugänglich, effizient und fair sind. Technologie hilft uns dabei: Sie macht Abläufe schneller, reduziert Kosten und ermöglicht neue Modelle – etwa die Prozesskostenfinanzierung, bei der Mandantinnen und Mandanten nur im Erfolgsfall zahlen.
Aber Legal Tech ist nicht nur ein Werkzeugkasten – es ist ein Mindset. Wer Legal Tech lebt, stellt klassische Strukturen infrage und denkt Recht radikal neu: digital, nutzerzentriert, skalierbar. Und genau das braucht der Markt – nicht zuletzt, weil das bestehende System oft zu komplex und zu teuer ist, um wirklich alle zu erreichen.
Legal Tech-Kanzleien wie rightmart verbinden juristische Exzellenz mit Technologie, um Verbraucherinnen und Verbrauchern den Zugang zum Recht zu erleichtern – ohne Schranken, ohne Vorbehalte.
Marco Klock: Auch Komplexität hat in der Regel eine kritische Masse: Wenn beispielsweise 50.000-mal ein gleich gelagertes Verfahren durchlaufen wird, entstehen Muster, Entscheidungsbäume und valide Datengrundlagen. Das führt auf zwei Ebenen zu Verbesserungen: Einerseits steigt die Qualität einzelner Arbeitsschritte – etwa beim Inhalt eines Schriftsatzes. Andererseits können viele dieser Schritte deutlich schneller erledigt werden – beispielsweise, weil unser System auf Basis der vorhandenen Datenstruktur den passenden Schriftsatz bereits vorschlägt.
Mit mehr als 100.000 Mandantinnen und Mandanten pro Jahr haben wir eine ausreichend große Datenbasis, um diese Effekte flächendeckend zu nutzen.
Wir arbeiten auf unserer eigenen Plattform – dem rightmart LegalOS. Hier bündeln wir alles, was eine moderne Rechtsdurchsetzung möglich macht: strukturierte Datenerfassung, Prozessautomatisierung und zunehmend auch KI-gestützte Unterstützung.
Ich bin überzeugt, dass wir heute bereits rund 50 % effizienter arbeiten als herkömmliche Kanzleien – ohne dabei Abstriche bei der Qualität zu machen. Im Gegenteil: Legal Tech erlaubt es uns, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren – die Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern durchzusetzen.
Marco Klock: Die Rolle von KI beginnt bei uns deutlich früher als bei klassischen rechtlichen Analysen: Pro Monat erreichen uns rund 50.000 Anfragen im Kundenservice – häufig mit der Frage: „Wie ist der Stand meiner Akte?“
Hier kommt bei rightmart unsere „TicketAI“ zum Einsatz. Dieses System kann den Inhalt einer Akte direkt erfassen und automatisch eine passende Auskunft geben. Das entlastet unsere Juristinnen und Juristen deutlich, denn ihnen bleibt dadurch mehr Zeit für das Wesentliche – etwa die individuelle Erstellung von Schriftsätzen im Verfahren.
Der nächste Entwicklungsschritt liegt in der Qualifizierung von Entscheidungen. Schon heute schlägt unser LegalOS auf Basis strukturierter Akten-Daten automatisiert Schriftsätze vor. Künftig kann dieser Prozess mithilfe großer Sprachmodelle (LLMs) weiter verbessert werden: Indem zusätzlich kontextuelle Informationen einbezogen werden – etwa zu bisherigen Entscheidungen, rechtlichen Rahmenbedingungen oder individuellen Besonderheiten eines Falls.
Die Entscheidungen werden dadurch nicht mehr eindimensional entlang eines vorgegebenen Prozesses getroffen, sondern multidimensional – mit juristischem, persönlichem und strategischem Kontext.
Die Herausforderung dabei: Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Verantwortung dürfen nicht verloren gehen. KI kann unterstützen, aber nicht ersetzen. Gerade im Verbraucherrecht braucht es verlässliche Strukturen und das Vertrauen, dass Entscheidungen nicht nur technisch korrekt, sondern auch menschlich nachvollziehbar sind.
Marco Klock: Bei rightmart hat Datensicherheit oberste Priorität – nicht nur technisch, sondern auch kulturell. Mehr als 25 Mitarbeitende kümmern sich bei uns ausschließlich um Softwareentwicklung, IT-Sicherheit und Datenschutz.
Das beginnt bei der Auswahl der richtigen Serverarchitektur und reicht über fein abgestuftes Rechtemanagement bis hin zu mehrstufigen Zugangskontrollen. Alle Systeme werden mit mehrfacher Redundanz betrieben und kontinuierlich auf Sicherheitsrisiken überprüft.
Gerade im Verbraucherrecht verarbeiten wir sensible Daten – das verlangt höchste Standards, sowohl technisch als auch organisatorisch. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst.
Die Herausforderungen sind da, aber sie sind lösbar. Wichtig ist, dass man Datenschutz und Sicherheit nicht als Bremsen, sondern als Grundvoraussetzungen für digitale Rechtsdurchsetzung versteht.
Marco Klock: Auch bei uns wird jede Mandantin und jeder Mandant persönlich betreut. Wir haben unser Markenversprechen gerade noch einmal geschärft und führen aktuell ein neues Betreuungskonzept ein: Jede Akte erhält ein eigenes Fallteam mit festen Ansprechpersonen, die die juristische Verantwortung übernehmen.
Das sorgt nicht nur für Kontinuität, sondern schafft auch Vertrauen – besonders in sensiblen oder komplexeren Verfahren. Denn am Ende ist Rechtsberatung immer auch Beziehungsarbeit.
Automatisierung und KI spielen dabei eine wichtige Rolle – aber eben als Unterstützung. Sie helfen unseren Juristinnen und Juristen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: den direkten Kontakt mit den Mandantinnen und Mandanten, das inhaltlich komplexe Denken, das taktische Argumentieren.
Die Grenzen der Automatisierung liegen dort, wo menschliches Urteilsvermögen, Empathie oder kreative juristische Strategie gefragt sind. Und genau deshalb braucht es beides: Technologie und Fachleute.
Marco Klock: Verbraucherinnen und Verbraucher schauen im Kern auf eine entscheidende Frage: Kann ich mir das leisten?
Genau hier setzt Legal Tech an. Durch Automatisierung, datenbasierte Prozesse und neue Geschäftsmodelle – etwa die Prozesskostenfinanzierung – sinken die Kosten für Rechtsdienstleistungen spürbar. Der Zugang zum Recht wird dadurch breiter und fairer.
Legal Tech sorgt aber nicht nur für niedrigere Hürden, sondern auch für mehr Durchsetzungskraft. Unternehmen wie rightmart verfügen heute über die Ressourcen und die digitale Infrastruktur, um es in großen Verfahren mit ebenso großen Kanzleien auf der Gegenseite aufzunehmen. Das war früher kaum denkbar.
Ein konkretes Beispiel: Im Bereich der Rückforderung von Sportwettenverlusten – gestützt auf aktuelle BGH-Rechtsprechung – geht es oft um hohe Streitwerte und entsprechend teure Verfahren. Noch vor wenigen Jahren hätte kaum jemand diesen Rechtsweg eingeschlagen. Heute übernehmen Legal Techs gemeinsam mit spezialisierten Kanzleien und Prozesskostenfinanzierern diese Fälle – und sorgen so dafür, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Rechte tatsächlich durchsetzen können.
Legal Tech schafft also nicht nur Zugang, sondern echte Augenhöhe.
Marco Klock: Legal Tech und KI sind disruptiv im Rechtsmarkt. Statt ausschließlich juristischem Feinschliff geht es zunehmend um analytisches, datengetriebenes Denken, das Verstehen komplexer Strukturen und ein solides Verständnis von Geschäftsmodellen und wirtschaftlichen Zusammenhängen.
Das eröffnet enorme Chancen für alle, die Lust haben, sich progressiv mit Rechtsdienstleistungen auseinanderzusetzen – interdisziplinär, technologieoffen und nutzerzentriert.
Natürlich wird es in der Summe weniger Platz für klassische forensische Tüftlerinnen und Tüftler geben, die sich ausschließlich in Details vertiefen. Aber: Wer juristische Exzellenz mit neuen Kompetenzen wie Prozessverständnis, strategischem Denken und digitalen Tools verbindet, wird in Zukunft richtig erfolgreich sein.
Legal Tech ersetzt nicht den juristischen Kern – aber es verschiebt die Gewichte. Und wer das versteht, hat die besten Karten.
Marco Klock: Das zentrale Thema der nächsten Jahre wird ganz klar die Künstliche Intelligenz sein. Der Einsatz von KI wird dazu führen, dass Rechtsdienstleistungen deutlich günstiger „produziert“ werden können – mit positiven Effekten auf Effizienz und Kostenstruktur.
Ob diese Vorteile dann auch direkt bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen, ist nicht nur eine technologische, sondern auch eine regulatorische Frage. Realistisch betrachtet sollte der Zugang zum Recht künftig genauso selbstverständlich sein wie eine Auslandskrankenversicherung – etwa als Bestandteil einer Kreditkarte oder eines digitalen Servicepakets.
Die größte Chance liegt darin, den Rechtsmarkt gerechter, breiter und effizienter zu gestalten.
Das größte Risiko: Dass wir in Deutschland den Anschluss verpassen und internationale Plattformen künftig die Rechtsdurchsetzung für Verbraucherinnen und Verbraucher dominieren. Als Rechtsstaat sollten wir ein Interesse daran haben, dass Legal Tech auch bei uns innovativ, verantwortungsvoll und wettbewerbsfähig bleibt.
Rightmart bereitet sich aktiv auf diese Entwicklungen vor – durch eigene Technologie, starke Partnerkanzleien und eine konsequent nutzerzentrierte Perspektive.
Marco Klock: Bewerbt euch gerne bei uns und schaut mal rein, in das größte Legal Techs Deutschlands.
Vielen Dank für das Interview.