Gesprächs- und Fragetechniken erlernen und Mediationskonflikte lösen

Der Alltag eines Anwalts besteht in vielen Teilen aus Verhandlungen. Durch geschicktes Gesprächsverhalten und Einstellen auf die Verhandlungspartner ist es grundsätzlich möglich, bei den Beteiligten eines Gesprächs Diskussions- und Kompromissbereitschaft zu fördern, Ansprüche beidseitig anzugleichen und Kauf- und Verkaufspreise zu klären oder Vergleiche niederlagenlos zu erzielen.

Reibereien gehören zu den meisten Verhandlungen dazu. Manchmal sind sie sogar das Salz in der Suppe. Wie aber kann man Forderungen durchsetzen, ohne den Verhandlungspartner zu brüskieren? Wie löst man Verhandlungsblockaden bei sich und anderen auf? Und was tut man gegen „die Faust in der eigenen Tasche“? Getrieben von diesen Fragen habe ich mich bereits während meines Referendariates dazu entschieden, die Ausbildung als Wirtschaftsmediatorin zu absolvieren.

Die Mediationsausbildung und persönliche Erkenntnisse

In einer sechsmonatigen Ausbildung mit Praxissimulationen, schriftlichen Ausarbeitungen und Abschlussprüfung habe ich gelernt, wie Konflikte ablaufen, aus welchem Grund Mediationen funktionieren und welche Erkenntnisse aus der Psychologie für die Mediation wichtig sind.

Die relevanteste Erkenntnis gleich vorweggenommen: Den größten Benefit aus der Mediationsausbildung habe ich für mich persönlich gezogen. Das, was ich aus den Elementen der Kommunikationspsychologie und dem „richtigen Zuhören“ für mich persönlich mitnehmen konnte, war ein immenser Gewinn für meine tägliche Berufsausübung und auch mein Privatleben.

Aber von vorn: Grundsätzlich bedarf es für die sog. Wirtschaftsmediation im Vergleich zur „normalen“ Mediation keiner besonderen Ausbildung. Die Mediationsausbildung ist grundsätzlich immer gleich ausgerichtet, ganz egal, ob sie auf das Mediieren von Parteien aus dem Wirtschaftsleben oder beispielsweise auf Familienmitglieder ausgerichtet ist. Nur die Schwerpunktsetzung ist eine andere.

Seit 2017 dürfen Mediatoren unter bestimmten Voraussetzungen die Bezeichnung „zertifizierter Mediator“ führen. Möglich ist dies aufgrund des Inkrafttretens der Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren. Zertifizierter Mediator darf sich nennen, wer eine Mediationsausbildung im Umfang von mindestens 120 Präsenzzeitstunden absolviert hat und spätestens ein Jahr nach deren Abschluss einen praktischen Mediationsfall bearbeitet und in einer Supervision reflektiert hat.

Grundsätzlich ist Mediation im Kern Verhandlung. An Mediationen nehmen die sog. Medianten immer freiwillig teil, und eine Mediation kann jederzeit abgebrochen werden. Die Parteien selbst erarbeiten die Lösung ihres Konfliktes. Die Besonderheit dieses Verfahrens ist, dass ein besonders geschulter, neutraler Dritter zur Verhandlung hinzukommt, der sog. Mediator. Jede Mediation hat dabei einen strukturierten Ablauf, den ich im Folgenden gleich kurz schildern möchte.

Die großen Vorteile der Mediation

Zunächst sei noch auf die wichtigsten Vorteile der Mediation hingewiesen: Sie ist deutlich schneller als viele Gerichtsverfahren, denn Wirtschaftsmediationen dauern durchschnittlich einen Tag. Außerdem wird die Vertraulichkeit gewährt. Mediationsverfahren sind regelmäßig nicht öffentlich. Darüber hinaus ist die Erfolgsquote immens: Sollten sich die Medianten erst einmal zu einer Mediation durchgerungen haben, sind 70 bis 90 % der Mediationsverfahren erfolgreich. Oftmals wird die Mediation mit Meditation gleichgesetzt und genießt deswegen einen leicht esoterischen Touch. Auch wenn das natürlich per se gar nichts Schlechtes ist, sind viele Akteure im Wirtschaftsleben deswegen abgeschreckt und schließen eine Mediation für sich schnell aus. Das ist bedauernswert, weil die Ergebnisse, die wir mit Mediationen erzielen, fast immer erfreulich sind.

So läuft die Mediation ab!

Der Ablauf einer Mediation unterscheidet sich von einer intuitiv geführten Verhandlung: Kennzeichnend sind die verschiedenen Phasen der Mediation: Zunächst werden die Themen, die die Mediationsparteien beschäftigen, erarbeitet (z.B. die Gewinnverteilung in einer Gesellschaft). Im zweiten Punkte erarbeiten die Beteiligten die hinter dem Thema liegenden Interessen (z.B. Anerkennung, Unterhaltsverpflichtungen) der verschiedenen Parteien. Sodann werden Ideen zunächst völlig unverbindlich gesammelt und konkrete Lösungen erst in der sog. Abschlussphase besprochen und vereinbart. Dabei ist alles unverbindlich, und zwar bis kurz vor Schluss.

Der souveräne und empathische, außenstehende Dritte

Ein Fall ist für eine Mediation immer dann geeignet, wenn ein bereits eskalierter Konflikt vorliegt und der Gegenstand verhandelbar ist. Dies ist dann gegeben, wenn Verhandlungspartner voneinander etwas Gewünschtes bekommen wollen, z.B. ein bestimmtes Verhalten, eine bestimmte Leistung oder eine bestimmte Leistungsmodalität und auch im Nachgang noch miteinander umgehen müssen.

Nachdem ich die Mediationstätigkeit neben meiner Anwaltstätigkeit ausübe, sind die Honorare der Stundenvergütung meiner Anwaltstätigkeit angepasst. Da bereits die Vorbereitung des Mediationstermins mit viel Aufwand verbunden ist, sollte auch diese Vorbereitungstätigkeit vergütet werden.

Tatsächlich macht mir die Mediationstätigkeit unheimlich viel Spaß, weil ich das Gefühl habe, die Parteien meist an ihr gewünschtes Ziel zu führen. Das A und O für den Mediator ist aus meiner Sicht die innere Haltung. Auf der einen Seite ist eine empathische Grundhaltung, mit der man den Parteien gegenüber zugewandt, offen, präsent, respektvoll und einfühlsam agiert, absolut unentbehrlich. Auf der anderen Seite muss man sich auch ein Stück weit vom Konflikt der Parteien distanzieren, also außenstehender Dritter und souverän bleiben. Auch wenn es manchmal schwierig ist – das Ergebnis der Mediation muss mir als Mediator vollkommen egal sein. Ich leite vielmehr die Parteien an, die Lösung ihres Konfliktes selbst herbeizuführen. Ich schaue mir dabei den Konflikt der Parteien genau an und bleibe neugierig. Keinesfalls darf man mit in den Konflikt gezogen werden. Wichtig ist es, die richtigen sprachlichen und verbalen Techniken zu beherrschen Rollen und Regeln strikt einzuhalten.

Übrigens nehmen am Mediationskonflikt oftmals auch die Anwälte der Mediationsparteien teilt, die ihre Parteien beraten, was rechtlich richtig ist. In meiner Rolle als Mediatorin gebe ich dagegen keinen Rechtsrat, sondern bin ausschließlich als neutrale Dritte tätig.

Mein Fazit

Selbst, wenn man nicht als Mediator tätig werden möchte, kann ich nur jedem Juristen empfehlen, die Ausbildung als Mediator zu absolvieren, denn das, was man dort an guten Gesprächs- und Fragetechniken lernt, ist insbesondere auch ein Gewinn für die tägliche Arbeit mit den Mandanten. Abgesehen davon macht die Ausbildung einfach wirklich Spaß!