Erfahrungsbericht und Tipps zur anwaltlichen Fortbildungspflicht

Nachdem man sich erfolgreich durch zwei – ggf. mit der Notarprüfung bereits durch drei – Staatsexamina gekämpft hat, könnte man denken, es sei endlich geschafft und das Büffeln habe ein Ende. Liebe Grüße von der anwaltlichen Fortbildungspflicht. Sie lässt dir ausrichten: Es wird nie enden! Der folgende Erfahrungsbericht soll dir einen Einblick in die anwaltliche Fortbildungspflicht und praktische Tipps zur Erfüllung derselben geben.

Entwicklung der Fortbildungspflicht

Bereits aus der ersten deutschen Rechtsanwaltsordnung von 1878 kann eine berufliche Fortbildungspflicht für Rechtsanwälte abgeleitet werden. Im Jahr 1994 wurde sie schließlich in § 43a Abs. 6 BRAO ausdrücklich normiert. Bereits damalig ersteckte diese Verpflichtung sich jedoch in dem noch heute normierten Satz „Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.“ Wie diese Fortbildungspflicht jedoch konkret ausgestaltet ist, ist – trotz vielfacher Reformbemühungen – bis heute dem jeweiligen Anwalt überlassen.

JurCase informiert:
Zuletzt drängte die BRAK im Jahre 2017 auf eine Reform der Fortbildungspflicht zur dauerhaften Sicherung der Qualität der anwaltlichen Tätigkeit. Hierbei sollte § 59b BRAO um eine entsprechende Ermächtigung ergänzt werden. Zudem war eine Einführung von § 43b BRAO geplant, der Jung-Anwälte verpflichtet hätte, innerhalb des ersten Jahres nach der erstmaligen Zulassung an einer Lehrveranstaltung mit mindestens 10 Zeitstunden zum rechtsanwaltlichen Berufsrecht teilzunehmen. Weiterhin war die Möglichkeit einer Rügeerteilung in Verbindung mit der Verhängung einer Geldbuße von bis zu 2.000 € durch die zuständige RAK vorgesehen. Der Gesetzgeber übernahm die im ursprünglichen Gesetzesentwurf noch enthaltene Ermächtigung jedoch nicht und vertraute weiter auf die Selbstverantwortung der Rechtsanwälte.

Entsprechend ist die derzeit normierte Pflicht bislang auch nicht im Wege der Berufsaufsicht durchsetzbar, weil der Gesetzgeber sich weiterhin zu Art, Umfang und Nachweis ausschweigt.

Unterschiede zur fachanwaltlichen Fortbildungspflicht

Soweit Rechtsanwälte auf einem bestimmten Rechtsgebiet besondere Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt haben und diese nachweisen können, kann Ihnen der Titel des Fachanwaltes verliehen werden. Die Voraussetzungen hierfür sind in der Fachanwaltsordnung (FAO) geregelt. Für allgemeine Tipps dazu, warum die Spezialisierung sinnvoll ist, welcher Fachanwaltstitel für dich der Richtige ist und worauf du bei der Fachanwaltsausbildung allgemein achten solltest, verweise ich auf meinen separaten Erfahrungsbericht zur Fachanwaltsausbildung (Anm. d. Redaktion: Dieser wird im Rahmen einer Reihe später veröffentlicht). Hier beschränke ich mich entsprechend auf die Grundlagen der fachanwaltlichen Fortbildungspflicht. Maximal kann ein Rechtsanwalt nach § 43c BRAO drei Fachanwaltstitel führen, muss hierbei aber jährlich gem. § 15 FAO bei der RAK belegen, dass er sich im vorgeschriebenen Umfang fachlich fortgebildet hat. Entweder muss der Fachanwalt auf dem jeweiligen Spezialgebiet jährlich wissenschaftlich publiziert oder fachspezifische Fortbildungskurse veranstaltet bzw. als Teilnehmer besucht haben. Die Gesamtdauer der Fortbildung darf hierbei 15 Zeitstunden nicht unterschreiten. Bis zu fünf Zeitstunden hiervon können unter Nachweis einer Lernerfolgskontrolle im Wege des Selbststudiums erfolgen. Der größte Unterschied zwischen der fachanwaltlichen Fortbildungspflicht und der generellen anwaltlichen Fortbildungspflicht besteht mithin darin, dass mit § 15 FAO bereits eine hinreichende Konkretisierung vorgenommen worden ist.

Fortbildungsmöglichkeiten

Trotz fehlender Durchsetzbarkeit der Fortbildungspflicht ist diese weiterhin die dritte Säule der anwaltlichen Berufsausbildung. Das im Rahmen des Studiums erlernte Wissen zu erhalten, aufzufrischen und an aktuelle Entwicklungen und Veränderungen anzupassen, sollte für jeden Rechtsanwalt einen Leitsatz darstellen. Schließlich führt – abseits etwaiger neuer Rechtsprechung – auch bereits der stete (technische) Fortschritt zu neuen Lebenslagen und veränderten Rechtsproblemen, denen der Rechtsanwalt sich im Zuge seiner beruflichen Tätigkeit täglich stellen muss.

Angeboten werden mittlerweile die unterschiedlichsten Formate zur anwaltlichen Fortbildung in den einzelnen Rechtsgebieten sowie in zentralen Bereichen der anwaltlichen Berufsausübung und Berufsorganisation. Veranstaltet werden diese insbesondere von den Rechtsanwaltskammern. Aber auch Anwaltsinstitute, Universitäten, juristischen Vereinigungen und Verbände bieten regelmäßige Seminare an. Zudem können auch private Anbieter Fortbildungsveranstaltungen ausrichten. Auch für Rechtsanwälte ist dies insoweit attraktiv, als dass die eigene Fortbildungspflicht auch durch eine entsprechende Kursleitung nachgewiesen werden kann. Neben den zahlreichen tradierten Präsenzveranstaltungen setzen sich hierbei auch immer mehr Online-Seminare und entsprechende Weiterbildungen anhand von Web Based Trainings durch.

Zertifikat „Qualität durch Fortbildung“

Auch im Rahmen der generellen Fortbildungspflicht gibt es jedoch Konkretisierungsansätze: So bietet die Bundesrechtsanwaltskammer das Fortbildungszertifikat „Qualität durch Ausbildung“ an. Dies soll insbesondere Mandanten eine Hilfestellung geben, die fachliche Kompetenz ihres Rechtsanwaltes besser einschätzen zu können. Das Zertifikat ist hierbei bundeseinheitlich gestaltet und bestätigt, dass die festgelegten Anforderungen an Art und Umfang der Fortbildung erfüllt wurden.

Binnen drei Jahren muss der Rechtsanwalt mindestens 360 Punkte in den festgelegten Modulen zum materiellen Recht, dem Berufsrecht (einschließlich Kostenrecht und Berufshaftpflicht), Verfahrens oder Prozessrecht sowie Betriebs-, Personal- oder Verhandlungsführung nachweisen. Besuche von Qualitätszirkeln oder Gesprächskreisen sowie das Eigenstudium können hierbei angerechnet werden. Mindestens 180 Punkte müssen jedoch aus Seminaren oder Fachveranstaltungen nachgewiesen werden.

Mit Erwerb des Zertifikates ist der jeweilige Rechtsanwalt – auf die folgenden drei Jahre begrenzt – befähigt, ein mit dem Zertifikat verbundenes Logo zu nutzen. Er kann also nicht nur in seinen Kanzleiräumen mit der Urkunde werben, sondern das Logo auch auf seinem Briefkopf oder seinen Visitenkarten nutzen. Spätestens einen Monat vor Ablauf der Lizenzdauer kann ein Antrag auf Neuerteilung gestellt werden, um das Logo weiterhin zu nutzen. Hierbei sind aber wiederum 360 Punkte in den festgelegten Modulen für die nun zurückliegenden drei Jahre nachzuweisen.

JurCase informiert:
Ein Fachanwaltslehrgang kann bereits die geforderte Gesamtpunktzahl von 360 Punkten einbringen. Hierfür muss er den Lehrinhalt der beiden Pflichtmodule zum materiellen Recht sowie dem Berufsrecht und ein Wahlmodul, z. B. Verfahrensrecht, abdecken und insgesamt mindestens 36 Seminarstunden umfassen.

Fazit:

Trotz vielfacher Reformansätze – zuletzt im Jahr 2017 – ist die anwaltliche Pflicht zur Fortbildung immer noch nicht hinreichend konkretisiert. Die Debatte geht mithin weiter. Trotzdem haben Anwälte durch das Fortbildungszertifikat der Bundesrechtsanwaltskammer die Möglichkeit, die eigenen Fortbildungsbemühungen nachzuweisen und hiermit zu werben. Und auch (potenzielle) Mandanten können sich hierdurch leichter über die fachliche Eignung ihres Anwaltes informieren. Ob du nun die Zertifizierungsmöglichkeit wahrnehmen willst oder auf das Selbststudium setzt: Die anwaltliche Fortbildungspflicht solltest du trotz fehlender Konkretisierung nicht unterschätzen. Festhalten lässt sich somit: Egal, wie lange du schon als Anwalt tätig bist, man lernt nie aus. 😉